Hamburg. Die 88 Jahre alte Legende des Jazz gab ein Solokonzert, das großen Eindruck hinterließ. Erstaunlich, wie konzentriert das Publikum war.

So sieht es also aus, wenn die große Stille und Gelassenheit sich über das eigene Leben gelegt hat. Abdullah Ibrahim kommt langsam und von einer jungen Frau gestützt auf die Bühne im Großen Saal der Elbphilharmonie, legt als Dank für den rauschenden Begrüßungsapplaus die Handflächen wie zum Gebet aneinander, setzt sich an seinen geliebten Fazioli-Flügel – und spielt. Eine Stunde ohne Unterbrechung.

Beweisen muss der 88-jährige Südafrikaner, der schon lange im Chiemgau lebt, längst nichts mehr. Er lässt es einfach fließen. Ein unendlicher Strom von Melodien und Motiven ist das, ohne atonale Reibungspunkte und doch immer wieder überraschend.

Abdullah Ibrahim nimmt Ovationen mit stillem Lächeln entgegen

Wer an diesem Abend gekommen ist, der erlebt eine Legende des Jazz, des Kampfes gegen die Apartheid, aber auch einen Mann, der sichtbar seine Mitte gefunden hat und ohne jeden Showeffekt 2100 Menschen zu bannen vermag. Mit einer Klanglandschaft, die er in aller Ruhe abschreitet, in der Zeit nur ein Konzept und kein Druckmittel ist. Fast erstaunlich, wie sehr sich das Publikum an diesem Sonnabendabend darauf einlässt, welche Konzentration im Saal herrscht, wie behutsam der Applaus nach einer Stunde aufbraust und erst abebbt, als Abdullah Ibrahim Zeichen gibt, dass er noch einige Miniaturen folgen lassen möchte.

Nach 75 Minuten ist dann wirklich Schluss, Ibrahim steht an seinem Flügel und nimmt minutenlang die Ovationen mit einem stillen Lächeln entgegen. Wieder legt er die Handflächen aneinander, und es wirkt, als danke er nicht nur für den Applaus, sondern auch für die gemeinsam verbrachte Zeit. Dann geht er, erneut gestützt, langsam ab. Und entlässt das Publikum in einen lauen Spätsommerabend, an dem die touristische Betriebsamkeit vor der Elbphilharmonie so gar nicht zum gerade Erlebten passt.