Hamburg. Das hanseatische Quartett spielt erstmals seit 2019 im Thalia. In der neuen Show zaubern und verzaubern die Künstlerinnen.
Mit dem Publikum auf Tuchfühlung, Künstlerinnen (fast) zum Anfassen, das gehört bei Salut Salon von jeher zum guten Ton. Und so sammelte das Damenquartett singend im Foyer des Thalia Theaters nach seiner mehr als zweistündigen Konzertshow wieder einmal fleißig Geld für sein Musikschulen-Projekt in Achupallas, einem Armenviertel von Viña del Mar (Chile).
So spielt es sich noch bis Sonntag jeden Abend im Haus am Alstertor ab – erstmals seit vier Jahren Corona-Pause. Und zu den Konstanten des regelmäßigen Sommer-Gastspiels von Hamburgs noch immer charmantestem Kulturexport gehört ebenfalls mindestens jeweils ein Werk des argentinischen Tango-Nuevo-Königs Astor Piazzolla. Im neuen Salut-Salon-Programm „Träume“ eröffnen Piazzollas „Libertango“ und die „Romance del Diablo“ die erste respektive zweite Hälfte.
Salut Salon macht im Thalia Theater Träume wahr
Kleine Pannen am Mikrofon von Meta Hüper oder Defekte am Cello Heike Schuchs wie bei der Premiere überspielt Salut Salon dabei gekonnt, die versierten Musikerinnen spielen sogar damit und improvisieren zu ihrem eigenem Spaß. Längst hat das populäre Quartett, im Jahr 2000 in Hamburg-Eppendorf bei salonartigen Treffen von Angelika Bachmann gegründet, mit seinen auf der Klassik basierenden Crossover-Programmen von Tango über Chanson bis zu Folk- und Filmmusik international Fuß gefasst.
Als Meta Hüper nach dem „Libertango“ von ihrem Traum erzählt, auf Tournee 200 junge Casanovas zu treffen, bemerkt Bachmann mit dem Blick ins nahezu ausverkaufte Thalia Theater spöttisch: „Das scheint heute Abend wohl etwas schwierig zu werden …“ Die Zuschauerschaft, darunter Intendant Joachim Lux und Hamburgs Ehrenbürger Michael Otto, setzt sich bei der Heimpremiere immerhin aus drei Generationen zusammen.
Salut Salon: Arrangements von Franz Wittenbrink und Angelika Bachmann
Der amüsante Zoff zwischen der ersten (Bachmann) und der zweiten Geige (Hüper) zieht sich durch den Abend, er ist Teil der Inszenierung. Für die hat beratend Liederabend-König Franz Wittenbrink („Nacht-Tankstelle“, „Sekretärinnen“) gesorgt, ebenso für einen Teil der Arrangements. Das Gros für die mehr als 25 Stücke indes stammt diesmal von Gruppen-Gründerin Angelika Bachmann.
Das Programm der vier zunächst in aufregendem Schwarz gewandeten Künstlerinnen bietet von Tschaikowskis „Winterträume“ über Vivaldis „La Notte“ bis zu David Poppers „Polonaise de Concert“ eine aufs Neue ungewöhnliche Mischung. Gewiss, die drei Streicherinnen haben den Bogen raus. Als dieser bei der rothaarigen Cellistin Heike Schuch sogar Feuer fängt, ist das nur einer von mehreren bewusst gesetzten Show- und Spezialeffekten.
„Ich will in die Pause!“, stöhnt Pianistin Kristiina Rokashevich nach Tschaikowskis „The Sleeping Beauty“. Die gebürtige Estin, seit Frühjahr Teil der Erstbesetzung von Salut Salon, beherrscht wie ihre Kolleginnen bereits die großen Gesten.
Vielfältige musikalische Kontraste zum Jubiläum auf großer Bühne
Die zünden in der zweiten Hälfte noch mehr, nachdem Meta Hüpers Animation zum Mitklatschen im ersten Teil bei „Seasons of the Witch“, einer Komposition des britischen Singer-Songwriters Donovan von 1966, nicht ganz durchgehalten wurde. Nach Mendelssohn Bartholdys „Walpurgisnacht“ entern die drei Streicherinnen bei „Das Hexeneinmaleins“ sogar den Konzertflügel ihrer Kollegin Kristiina Rokashevich. Und Bachmanns durchaus experimentelle Eigenkomposition „Traum im Reisfeld“, die Rokashevich und Schuch auf Handpfanne und Cello trommeln und zupfen, trifft ebenfalls den Publikumsgeschmack.
Es sind die vielfältigen musikalischen Kontraste, die Salut Salon auch zum Jubiläum anlässlich von 20 Jahren auf der großen Theater- und Konzertbühne auszeichnen. Nach Prokofjews mitreißender „Diabolischer Einflüsterung“ setzt die gesanglich und komisch-rezitatorisch überzeugende Meta Hüper einen besinnlichen Farbtupfer, indem sie den Song „Komm, großer schwarzer Vogel“ des österreichischen Liedermachers Ludwig Hirsch auf ihre Art beinah schon heiter mit Sprechgesang neu interpretiert.
Bei Salut Salon hält es im Thalia am Ende fast keinen mehr auf den Sitzen
Nachdem Pianistin Rokashevich „immer nur Melancholie“ moniert hat, holt Paul Neros „Der heiße Kanarienvogel“ sie, ihre drei Mitstreiterinnen und das Publikum aus dieser emotionalen, wenn auch schönen Talsohle. Die beiden Geigerinnen und Cellistin Schuch bezirzen und umgarnen mit ihren Instrumenten die erste Reihe; nach einem Filmmusik-Medley (u. a. mit „Harry Potter“) und akrobatischem Instrumenten-Kung-Fu mit Geräuschverstärkung hält es kaum noch einen im Theatersaal auf den Sitzen. „Die machen noch eine Zugabe“, ist sich ein Zuschauer sicher. Nicht nur eine.
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Der einzige Mann jedoch, der bei den vier Damen „seit 20 Jahren ständig dabei sein darf“, so Angelika Bachmann, war und ist die Handpuppe Oskar – noch so eine Konstante von Salut Salon. Der hatte zuvor schon am Mini-Xylofon und als Zauberer seine Auftritte gehabt. Jeweils von den Frauen geführt.
„Träume“ bis 9.7., jew. 20.00 (So 18.00), Thalia Theater, Alstertor, Restkarten ab 36,99 an der Abendkasse; „Weihnachten mit Salut Salon“ 23.12., 20.00, Thalia Theater, Karten für das Weihnachtskonzert zu 32,90 bis 87,90 ab sofort auch in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32, Tel. 040/30 30 98 98, www.salutsalon.com