Hamburg. Das hanseatische Quartett spielt nach vier Jahren wieder im Thalia. In der Show „Träume“ zaubern und steppen die Musikerinnen auch.
Irgendwann war es mit der „Liebe“ dann doch vorbei. Im vergangenen Dezember, mitten in der hektischen Vorweihnachtszeit, hatte Salut Salon tatsächlich all die vielen Konzerttermine mit eben jenem Programm nachgeholt, Titel: „Liebe“, die das Quartett seit März 2020 mit Beginn mehrerer folgender Corona-Zwangspausen immer wieder verschieben musste.
Auftritte etwa im Bayreuther Festspielhaus, im Konzerthaus Wien und im Theater des Hollywoodstars Antonio Banderas in dessen spanischer Heimatstadt Málaga verbreiteten 2022 international „Liebe“-vollen Glanz.
Salut Salon mit Konzertshow „Träume“ im Thalia Theater
Dabei war das neue Programm schon vor drei Jahren praktisch fertig, berichtet Angelika Bachmann. Die Hamburgerin, die bereits als Vierjährige ihre ersten Konzerte gab und ein Jahr später zu komponieren begann, spielt nach wie vor die erste Geige beim feschen Frauen-Vierer. Die Konzertshow trägt jetzt den Titel „Träume“ – sie hätte ursprünglich im Sommer 2020 im Thalia Theater Premiere feiern sollen.
Am Alstertor bringt Salut Salon seit Jahren das neue Werk auf die Bühne und unter die hanseatische Fan-Gemeineide. In diesem Juli nun stehen im Thalia Theater gleich fünf Abende auf dem Programm – die Vorkonzerte am 19. und 20. Februar in der Komödie Winterhuder Fährhaus sind längst ausverkauft.
Salut Salon feiert in diesem Jahr 20. Jubiläum
Den Hamburger Theaterhäusern hält Salut Salon aus alter Verbundenheit die Treue – und feiert, was die großen Bühnen betrifft, in diesem Jahr nebenbei 20. Jubiläum: 2003 spielte die Gruppe erstmals in der damaligen Musikhalle. Mit ihren auf der Klassik fußenden Crossover-Programmen von Tango über Chanson bis zu Folk- und Filmmusik gastiert Salut Salon inzwischen sowohl in großen Konzert- als auch Theatersälen
„Das ist ja das Erstaunliche, dass wir mit diesen Programmen auf allen großen Bühnen dieser Welt spielen dürfen“, sagt Angelika Bachmann – und lacht. Das einstige Wunderkind hat, ob nun auf Tourneen mit Salut Salon oder allein mit Rucksack und Geige, mehr als 100 Länder weltweit bereist, hat sie mal nachgerechnet. Nicht nur das weitet den Horizont.
Für das populäre Quartett, das die musikalisch Früh- und Hochbegabte im Jahr 2000 bei salonartigen Treffen in einer Altbauwohnung in Hamburg-Eppendorf gegründet hatte, hat Bachmann beim „Träume“-Programm etwa 80 Prozent der rund 20 Stücke komponiert respektive arrangiert. Nach dem Ausscheiden ihrer Jugendfreundin (und studierten Juristin) Iris Siegfried, die sich anderen Themen zuwenden wollte, besteht Salut Salon jetzt aus den in Berlin ansässigen Meta Hüper (Geige) und Olga Shkrygunova (Klavier) sowie der zwischen Hamburg, Berlin und dem Rheinland pendelnden Cellistin Heike Schuch.
Bachmann: „Ich bin ein ausgesprochener Piazzolla-Fan“
Eine Hamburger Gruppe sei Salut Salut weiterhin, sagt Bachmann. Indes eine, die sich noch immer weiterentwickelt. Dafür sorgt die Band-Gründerin außer mit ihrer Musikalität als studierte Psychologin, systemischer Business-Coach und Expertin für agile Unternehmenstransformation schon selbst. Außerdem trägt die Zusammenarbeit mit Franz Wittenbrink künstlerisch Früchte. Der Liederabend-König aus St. Georg („Sekretärinnen“, „Nacht-Tankstelle“), mit dem Angelika Bachmann eine langjährige kollegiale Freundschaft verbindet, hat Salut Salons „Träume“ mit seinen weiteren Arrangements angereichert.
Singen können alle vier ohnehin. Was sich noch alles im neuen Programm wiederfindet? „Ich bin ein ausgesprochener Piazzolla-Fan“, bekennt Bachmann. Aus den Werken des Begründers des Tango Nuevo, eine echte Konstante bei Salut Salon, könnte die Geigerin locker einen ganzen Abend machen, doch auch für Salut Salon anno 2023 gilt: Es klinge die Vielfalt.
So sind aus Bachmanns ursprünglichen 20 Tango-Minuten für „Träume“ nur zwei Piazzolla-Songs übrig geblieben, darunter zum Auftakt „Tango del Diablo“. Dazu kommen etwa Mendelssohns „Walpurgisnacht“, Prokofjews „Diabolische Einflüsterung“, aber auch „Season Of The Witch“ (1966), eine Komposition des britischen Singer-Songwriters Donovan, und die Filmmusik zu „Harry Potter“.
Salut Salon hat auch eine Stepptanz-Nummer im Programm
Und natürlich gibt es auch persönlich gefärbte Eigenkompositionen. „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ hat Bachmann ihrer Kollegin Romy Nagy gewidmet. Die Musikerin gehörte von Ende 2017 bis Mai 2019 als Cellistin fest zum Quartett, erlag dann in Berlin einem Krebsleiden; sie wurde nur 42 Jahre alt. „Wir haben alle eine Uhr in der Tasche, und keiner weiß, wann sie abgelaufen ist“, zitiert Bachmann beim Gespräch einen Ausspruch Romy Nagys.
„Salut Salon ist für mich noch immer wie eine Skulptur, wie ein Felsblock, aus dem ich langsam die Konturen herausmeißele – Konturen, von denen ich immer schon gespürt habe, dass sie da sind“, beschreibt Bachmann ihre konzeptionelle Arbeit. In „Träume“ möchte Salut Salon nicht nur magische Wesen und Märchen-Gestalten musikalisch wachkitzeln, Franz Wittenbrink hat Bachmann auch ermuntert, außer Comedy noch Zaubertricks, Instrumenten-Kung-Fu und erstmals eine Stepptanz-Nummer ins Programm einzubauen.
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Im April spielt Salut Salon „Träume“ mit der Philharmonie Salzburg
Dafür hat Salut Salon schon extra geprobt. Für den größten Traum des Jahres aber übt Salut Salon Anfang April gleich mehrere Tage am Stück im prächtigen Rahmen in Salzburg. Im Großen Festspielhaus spielt Hamburgs wohl noch immer charmantester Kultur-Export erstmals ein Salut-Salon-Programm mit großem Orchester, am 14. April mit der Philharmonie Salzburg. „Das habe ich mir schon länger überlegt“, erzählt Angelika Bachmann. „Die Dirigentin ,Lissi’ Fuchs und ich kennen uns schon lange, wir sind seelenverwandt“, meint die Hamburgerin. Sie erwägt sogar, mit diesem Großprojekt auf Tour zu gehen.
Weil Angelika Bachmann als künstlerische Leiterin nicht nur Augen und Ohren für ihre eigenen Hamburger Kinder- und Jugend-Projekte „The Young ClassX“ (seit 2007 mit der Otto Group) und „Salut Deluxe“ hat (seit 2020 mit Rapper Samy Deluxe, unterstützt von der Haspa Musik Stiftung), leistet sie sich am letzten Tag ihres sommerlichen Heim- und Gastspiels mit Salut Salon im Thalia noch einen besonderen Abstecher: Am 9. Juli spielt sie in Kiel beim Schleswig-Holstein Musik Festival mit dem populären Geigenfreund Daniel Hope und beider renommiertem Kollege Aleksey Igudesman sowie Kindern und Jugendlichen ein großes Konzert.
Für die Nachwuchs-Streicher, die sich alle mit Videos beworben haben, hat Angelika Bachmann individuelle Arrangements für Geige, Cello und Kontrabass geschrieben – bei 110 Mitwirkenden, die zusammen einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Klangkörper bilden sollen, durchaus eine Aufgabe. Die erste von fünf Proben hat bereits im Dezember in Kiel stattgefunden. Muss bei ihr wohl mit der Liebe zur Musik zusammenhängen…
„Träume“ Premiere Mi 5.7., bis 9.7., jew. 20.00 (So 18.00), Thalia Theater, Alstertor, Karten zu 36,99 bis 85,39 auch in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18-32, T. 30 30 98 98; www.salutsalon.com