Hamburg. Mal erschreckend brutal, mal zerbrechlich: Die 7. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch verlangte Publikum und Orchester viel ab.

In seiner 55-jährigen Geschichte, so sagte der Präsident des Landesmusikrates Hamburg e. V., Ludger Vollmer, am Dienstag in der Laeiszhalle, habe das Landesjugendorchester Hamburg durchweg in Freiheit und Würde arbeiten und auftreten dürfen. In diesem Konzert wollten die jungen Menschen mit der Aufführung der Sinfonie Nr. 7 „Leningrader“ von Dmitri Schostakowitsch nun auch bewusst auf die Schrecken kriegerischer Auseinandersetzungen der Gegenwart reagieren und „an die Würde aller Menschen in unserer Zeit erinnern“.

Landesjugendorchester Hamburg glänzt in der Laeiszhalle

Schostakowitsch hatte das noch vor dem deutschen Überfall 1939 begonnene und 1942 während der Leningrader Blockade uraufgeführte Werk zwar ausdrücklich dem Kampf gegen den Faschismus und dem unabwendbaren Sieg über den Feind gewidmet, er räumte aber auch ein, dass er dabei nicht nur an Hitler, sondern auch an andere Aggressoren gegen die Menschheit gedacht habe. Mit Sicherheit auch an den Diktator Stalin im eigenen Land, auch wenn er das lieber nicht direkt sagte. Vor dem Konzert las der Schauspieler Lutz Herkenrath einige Zitate von Zeitzeugen, die das Wesen und das Äußere des verbitterten Komponisten zur Zeit seiner Arbeit an dem fast anderthalbstündigen Werk beschrieben.

Es war wirklich beachtlich, auf welch hohem Niveau das Landesjugendorchester Hamburg unter seinem künstlerischen Leiter Johannes Witt die Siebte dann präsentierte. Die geradezu brutal hervorbrechenden Tuttiblöcke und Marschrhythmen im ersten, von Schostakowitsch mit „Invasion“ übertiteltem Satz, die nach langen Aufbauphasen durch Becken- und Tamtam-Schläge bis zum Höhepunkt getrieben wurden, bildeten einen scharfen Kontrast zu den zerbrechlichen Soli etwa der Flötistin Merle Schnee, des Oboisten Simon Rodi oder der Konzertmeisterin Louise Weitzel.

Laeiszhalle: Johannes Witt dirigierte den Klangkörper ruhig und überaus klar

Viel zu tun hatten auch die Schlagzeuger, allen voran der Pauker Bjarne Masemann mit seinen vier Kesselpauken oder sein Kollege an der Kleinen Trommel, die vom Komponisten immer wieder bei Übergängen zu neuen Abschnitten eingesetzt wurde und mit militärischen Schlägen den Satz dann auch beenden durfte.

Mit viel Ironie würzten die Musikerinnen und Musiker dieses Orchesters die grotesken Passagen des Moderato (poco allegretto), für die Schostakowitsch oft laute Xylofon-Soli und Trillerketten der Holzbläser einsetzte, die an Mahlers Sinfonien erinnerten. Dem ruhig und überaus klar dirigierenden Johannes Witt gelang es auch, die teilweise extrem in die Breite gehenden melodischen Bögen des Adagios zu straffen oder dem blockartigen Bläsersatz zu Beginn eine fast orgelartige Klangfarbe zu entlocken.