Hamburg. Klaus Schumachers neue Inszenierung der Komödie „Du blöde Finsternis!“ lebt von schneller Dramaturgie – und spendet Trost.

Reden hilft. Manchmal zumindest. Der Bedarf an Telefonseelsorge war schon vor den gegenwärtigen Krisen groß. Im Theaterstück „Du blöde Finsternis!“ von Sam Steiner, das Klaus Schumacher, Leiter des Jungen Schauspielhauses, nun dort auf der Großen Bühne inszeniert hat, ist am Anfang noch alles – naja, halbwegs – in Ordnung.

Vier hochengagierte Ehrenamtliche verdingen sich hier in einem trostlosen Büro, das Katrin Plötzky mit altem Mobiliar, Ablagekästen und nostalgischen Schnurtelefonen ausgestattet hat. Beim Sorgentelefon „Brightline“ kann man anrufen, wenn man jemanden zum Reden braucht. Das tun hier viele jeden Tag – manche wollen auch nur wissen, welche Kleidung das Gegenüber trägt.

Zwanghafter Optimismus und bedrohliche Ereignisse im Jungen Schauspielhaus

Mit zwanghaftem Optimismus führt die von Christine Ochsenhofer gespielte Frances das Regiment. Alle sind freundlich und essen ständig Doughnuts – in der Außenwelt braut sich allerdings Undefinierbares zusammen, Hubschrauber kreisen, Wettergrollen ertönt. Bald offenbart sich, dass auch die Helfenden ihre eigenen Pakete zu tragen haben.

Frances ist spät im Leben zum ersten Mal schwanger. Zudem peinigt sie die Übrigen mit ihrem Optimierungswahn. Die zugewandte Angie (Alicja Rosinski) verplaudert sich mit den Klienten. Hermann Book hat als Zyniker Jon Probleme in seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Und mittendrin landet als junger Neuling Nico-Alexander Wilhelms als Joey.

Das richtige Tempo und glänzende Leistung des Ensembles

Das Stück lebt von einer schnellen Komödiendramaturgie, die anfangs etwas Zeit braucht, um in Gang zu kommen. Die Wochen ähneln einander – nur die Durchhalteparolen variieren. Erst, als sich die Mitarbeiter immer mehr Asche-Regen von der Schutzkleidung klopfen und das Büro nach und nach Risse und Löcher bekommt, kochen auch die Konflikte im Innern langsam hoch, was der Inszenierung gut tut. Schumacher zeigt hier viel Gespür für das richtige Tempo und den dramaturgischen Bogen, den das junge Publikum braucht, um in die realistisch erzählte Geschichte und die Figuren einzusteigen.

Das vierköpfige Ensemble liefert durchweg glänzend ab und meistert die schnellschnittigen Dialoge bravourös. Hermann Book überzeugt als Gutmensch mit Aggressionshemmung, was sich in einem furiosen Posaunen-Solo entlädt, wofür er Szenenapplaus erhält.

Junges Schauspielhaus: Toller Theaterbesuch mit wichtiger Botschaft

Am Ende bricht alles zusammen. Der Strom fällt aus. Aber noch immer kämpfen sich die tapferen Vier in ihr Büro hinein. Der spät fallende Satz „Ich habe gehört, es sei immer besser eine Kerze zu entzünden, als die Finsternis zu verfluchen“ könnte auf so viele aktuelle Situationen zutreffen – nicht zuletzt auf die häufig herrschende Dunkelheit im ukrainischen Kiew.

Allein in der Gemeinschaft mit anderen finden auch diese vier Figuren Solidarität und Trost, und das ist heutzutage keine kleine, sondern eine wichtige Botschaft am Ende dieses geglückten Theaterabends. Das Telefon klingelt weiter.

„Du blöde Finsternis!“ weitere Vorstellungen am 22.2., 19 Uhr, 23.2., 19 Uhr, 24.2., 10.30 Uhr, 25.2., 19 Uhr, 14.4., 10.30 Uhr, 17.4., 19 Uhr, ab 14 J., Junges Schauspielhaus, Wiesendamm 28, Karten unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de