Hamburg. Die Tragikomödie „4000 Tage“ spielt bis Mitte Februar auf der kleinen Bühne in Horn – und das Stück von Peter Quilter im Krankenzimmer.
Der Aufenthalt in einem Krankenzimmer ist per se nicht schön. Und wenn der Patient nicht mitbekommt, was um ihn herum geschieht, ist das manchmal sogar besser. Wenn es ein Bühnenpublikum erlebt, kann daraus eine ungewöhnliche und leidlich unterhaltsame Tragikomödie entstehen. So geschehen mit „4000 Tage“ von Peter Quilter.
Im Zentrum des Stücks des englischen Dramatikers im kleinen Hoftheater in Horn steht, vielmehr liegt zunächst der Maler Michael (Stefan Leonard), der seit drei Wochen wegen eines Blutgerinnsels im Gehirn nicht mehr bei Bewusstsein ist. Seine Mutter Carola (Christine Wilhelmi) und sein Lebensgefährte Paul (Gerald Leiß) wechseln sich an seinem Bett ab, halten ihm die Hand. Stets getrennt. Beide flehen, Michael möge aus dem Koma aufwachen, darin sind sie sich einig. Nicht jedoch darüber, wie sie ihm womöglich dabei helfen können. Sind beide gleichzeitig im Zimmer, sind gegenseitige Beleidigungen an der Tages- und Nachtordnung. Wer darf hier auf dem Bett sitzen? Nur eine der Streitfragen.
Kleines Hoftheater: Mutter und Freund buhlen um Aufmerksamkeit des Patienten
Hoftheater-Co-Intendantin Petra Behrsing lässt den drei Schauspielern im Stück, das in der Spielzeit 2016/17 im St. Pauli Theater seine deutschsprachige Erstaufführung erlebt hatte, genug, ja bis zur Pause fast zu viel Raum zur Entfaltung. Sie kann sich dabei auf den Dialogwitz des Autors stützen. Dass der schwule Freund Paul und die besorgte Mutter Carola („Micha hat mich schon ertragen, als er noch ein Baby war“) um die Aufmerksamkeit des Patienten buhlen, wird bereits deutlich, als dieser noch an der piependen Maschine hängt.
Als Michael wieder aufgewacht ist und genau jene elf Jahre (gleich 4000 Tage) nicht mehr erinnert, die er mit seinem Partner zusammengelebt hat („Wer ist Paul? Ein Krankenpfleger?“), wittert die Mutter die Chance für einen Neustart ihres Sohnes – privat wie beruflich.
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Kleines Hoftheater: Am komischsten ist Christine Wilhelmi als Übermutter
Co-Intendant Leonard amüsiert nun in blauer Latzhose als Künstler Michael, der beim Bemalen mit bunten Farben seines weißen Krankenzimmers langsam die Erinnerung an sein einstigen Leben zurückgewinnt. Leonard spielt das mit einer berührenden, fast schon naiven Beiläufigkeit. Und wenn Leiß aus der Figur des biederen Marketing-Mannes Paul in ein äußerst gewöhnungsbedürftiges schrilles T-Shirt schlüpft, hilft das nicht bloß seinem Partner, das Gedächtnis an gemeinsame Tage wiederzufinden, auch der Schauspieler Leiß geht emotional voll aus sich heraus. So nähert sich sein Paul dem schwulen Michael noch mal neu an.
Am überzeugendsten (weil komischsten) indes ist Christine Wilhelmi als Übermutter. Auch ihr gelingt es, dem Publikum, ihre Figur näherzubringen. Nicht nur dank direkten und trockenen Humors. Darin liegt die Kunst bei „4000 Tage“ im kleinen Hoftheater, bis Mitte Februar jeweils an drei Tagen am Wochenende.
„4000 Tage“ bis 12.2., jew. Fr/Sa 19.30, So 16.00, Das kleine Hoftheater (U Horner Rennbahn), Bei der Martinskirche 2, Karten zu 25,-/erm 23,- unter T. 68 15 72; www.hoftheater.de