Hamburg. Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker präsentierten Filmmusiken, Popklassiker – und ein dramatisches Auftragswerk.
Am Schluss gibt es kein Halten mehr. „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Yesterday“, „Moonlight Serenade“, mit jedem Allzeithit wird am Montagabend der Jubel im Großen Saal der Elbphilharmonie lauter. Dabei ist dies doch gar kein Rockkonzert. Auf der Bühne sitzen säuberlich aufgereiht, unverstärkt und klassisch schwarz gekleidet zwölf Cellisten. Genauer: zehn Cellisten und zwei Cellistinnen. Aber nicht irgendwelche, sondern Die 12 Cellisten Berliner Philharmoniker, so der Name des Ensembles. Und das hört man.
Celli können, was sonst kein Instrument in dieser Bandbreite kann. Sie können wunderbar als Bässe grooven, sie können mit fast menschlichem Timbre singen, sie können wie eine E-Gitarre jaulen, wie eine Südstaaten-Combo swingen oder die Sterne am Nachthimmel flirren lassen. Wer Celli hat, braucht sonst (fast) nichts mehr.
Elbphilharmonie: Cellisten der Berliner Philharmoniker bei „Aubade“ auf Betriebstemperatur
Bei ihrem zweiten Auftritt an diesem Tag müssen sich die Beteiligten ein wenig finden. Selbst für so kapitale Interpreten wie diese ist das Zusammenspiel in der unerbittlich klaren, hellen Akustik kein Selbstgänger. Es klappert durchaus ein paarmal bei der einleitenden Suite von David Funck. Der Komponist lebte im
17. Jahrhundert, eine Epoche, auf die die zwölf nicht gerade spezialisiert sind.
Dafür gestalten sie auf ihre Weise variantenreich und atmosphärisch. Ein wenig schade ist es, dass durch die unterschiedlichen Vibrati der Gesamtklang mitunter oszilliert und dadurch nicht ganz sauber wirkt.
Bei der Suite „Aubade“ von Jean Françaix, geschrieben im Auftrag des Ensembles, sind sie dann auf Betriebstemperatur und bringen die intelligente, mal witzige und mal lyrische, gemäßigt moderne Musik mit lässiger Präzision und vielfarbigem Klang zum Leben. Der Solocellist Ludwig Quandt hat das Publikum auch als Moderator am Haken, als er erklärt, dass der rasant-motorische letzte Satz der Suite eine Kurzfassung des 24-Stunden-Rennen von Le Mans sei.
Elbphilharmonie: Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker begeistern mit Filmmusiken
Ab dem dritten Satz der Françaix-Suite klatscht das Publikum gutgelaunt dazwischen. Zum Glück folgen nur noch Einzelsätze. Mit Filmmusik-Arrangements vom Allerfeinsten, etwa zu Steven Spielbergs „Catch Me If You Can“ (2002) oder Federico Fellinis „La strada“ (1954), setzen sie das Kopfkino in Gang. Die Subtilität, der Schwung und die Beherztheit des Zusammenspiels sind einfach hinreißend. Da bleibt niemand zurück, alle tragen zum Schub bei, sowohl rhythmisch wie auch klanglich. Wenn zwölf Celli in unterschiedlichen Schichtungen ein sattes Crescendo in die Höhe hinlegen, bebt der Raum.
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Aus der Hüfte schütteln sie nicht nur „Clap Yo‘ Hands“ von Gershwin und „Caravan“ von Juan Tizol und Duke Ellington, bei dem man gar nicht anders kann, als sich eine nächtliche Verfolgungsjagd in einer amerikanischen Großstadt vorzustellen. Für Piazzolla verwandeln sie ihren Ton dem flehend-näselnden Bandoneon an. Und finden die richtige Mischung für den nur an der Oberfläche unbeschwerten Marsch „Fleur de Paris“ von Henri Bourtayre.
Herzstück des Abends und tief berührender Gegensatz zu allem Unterhaltenden ist „Twelve Angry Men“ von Brett Dean, wieder ein Auftragswerk, inspiriert von dem Filmklassiker „Die zwölf Geschworenen“. Wie beseelt sie das Drama des einen Zweiflers in Töne fassen, wie die anderen klanglich zwischen Härte und Nachgiebigkeit changieren, das bleibt über den Tag hinaus in Erinnerung.