Hamburg. Der Wissenschafts-Comedian präsentierte seine einzigartige Weihnachtsshow. Schlussappell von Hausgrantler Trepper.

Tradition zu Weihnachten zu wahren ist das eine, sie immer wieder neu mit schrägen und liebevollen Elementen zu bereichern, das andere. Seit 2004 schon schafft das der Hamburger Comedian und Kuriositätenkünstler Konrad Stöckel einen Tag vor Heiligabend, wenn er im Schmidt Theater mit befreundeten Kollegen oft aus ganz Deutschland sein „Fettes Fest“ feiert.

Nur die Premiere fand wegen des damaligen Neubaus des Schmidt im benachbarten Tivoli statt, und 2020 gab es coronabedingt einmal nichts zu feiern.

Stöckels "Fettes Fest" auf dem Kiez: Geschenke für das Publikum

Zur 18. Auflage dieser speziellen Weihnachtsshow mit Geschenken für jeden der 400 Menschen im wie stets ausverkauften Saal zeigten der Wissenschafts-Comedian mit der Starkstrom-Frisur und sein Assistent Paolo Pussy diesmal nicht nur mit Staubsauger und unterschiedlich temperierten Cola-Flaschen zwei kuriose Experimente aus Stöckels Tourprogramm „Weltwunder der Wissenschaft“ für die großen und kleinen Freunde des Humors.

Die beiden Kinder des Konfetti-Junkies („Stimmung!“) überraschten das Publikum zur Pause außerdem mit selbst hergestelltem Eis.

Bis dahin hatten, eingeleitet von der formidablen, für jede Weihnachtsparty zu empfehlende Funk- und Pop-Band Billy Buritto, bereits ein halbes Dutzend Künstler ihre Visitenkarten abgegeben –Schmidt-typisch selten jugendfrei.

Altbekannte Komiker begeistern im Schmidt Theater

Und der fernsehbekannte Deutsch-Iraner Masud Akbarzedeh, dessen Satire-Stern 2013 als Drittplatzierter beim Hamburger Comedy Pokal aufgegangen war, konnte es sich ob seiner Haarpracht erlauben, mit Berliner Schnauze nicht nur Scherze über ältere grauhaarige deutsche Frauen zu machen („Sie sehen meist aus wie Ziegen, können aber gut backen“), sondern auch über seine deutschen Kollegen: „Da kommen noch genug ältere weiße Glatzen.“

Doch altbekannte Komiker wie Sänger, Ganzkörpertrommler und Kalauer-König Andi Steil aus Oldenburg, Stand-up-Comedian Michael Genähr aus Berlin und der Hamburger Lutz von Rosenberg Lipinsky mit seinen Erfahrungen in zweieinhalb Corona-Jahren als Kabarettist, Vater und Elternsprecher legten sich ordentlich ins Zeug. Und der Bergedorfer Comedy-Artist und Straßenkünstler Jens Ohle – ein äußerst schlagfertiger Künstler mit Haaren und dem Herz auf der Zunge – zeigte einmal mehr, dass er auch nach 30 Jahren das Spiel mit seiner Leiter, den Jonglage-Keulen, insbesondere aber mit dem Publikum beherrscht. Ohle olé!

Otto „Magic“ Kuhnle glänzt mit perfektem Timing

Der schwäbische Entertainment-Routinier und Filmschauspieler Otto „Magic“ Kuhnle („Der Himmel über Berlin“, „Absurdistan“) hingegen glänzte im feschen weißen Anzug gleich zweimal als Mann der ausgereift übertriebenen Gesten und mit perfektem Timing. Zunächst jonglierte er zu Elvis-Musik ganz profan mit einem Besenstiel und gab mit einem an seinem Bauhelm kreisenden Vogel den Papageno, im zweiten Teil dann nahm er den Mund an seinem selbst gebastelten Schweizer Alphorn aus Abflussrohren mit eingestreuter Populär-Poesie („Meine Damen und Herrn – wir machen was aus Bern“) und bei seiner bewusst schlechten Zaubernummer mit fünf Tischtennisbällen derart voll, dass es für viele im Theater zum Brüllen komisch war.

Galt am Ende auch für Der Wolli, noch so ein Glatzkopf. Der Hamburger Musik-Comedian wies anhand von diversen Einspielern nach, dass englische Pop-Songs deutsche Textzeilen haben und der 90er-Song „How Bizarre“ eigentlich „Parmesan“ heiße. Dass er Marianne Rosenbergs größten Hit „Er gehört zu mir“ mikrofonverstärkt am respektive auf dem Vibrator eines bizarren Sex-Shops spielte, brummte und grunzte, knüpfte an den etwas zu lang geratenen Pornofilm-Parodie-Erguss seines Kollegen Marvin Spencer an.

"Fettes Fest" im Schmidt Theater: Schlussappell von Hausgrantler Trepper

Schmidt-Hausgrantler Wolfgang Trepper blieb es – wie fast immer seit 16 Jahren – vorbehalten, nach gut drei Stunden den Rausschmeißer zu geben. Der Wahlhamburger aus dem Ruhrpott regte sich wie üblich nicht nur über Frauen auf, der Kabarettist mit dem echten Weihnachtsmann-Weißbart erinnerte an diesem Testosteron-lastigen Abend auch an die Endlichkeit des Lebens, indem er von der Begegnung mit einem alten Mann auf einer Bank am Hafen erzählte. Der mahnte ihn, die Sonnabende mit seinem Lieben zu genießen – man(n) habe ja statistisch bis zum 75. Lebensjahr nur 1040, und dafür werfe er jede Woche eine Murmel in die Elbe, es war seine letzte.

Vor der Show hatte Trepper an jeden der Gäste im Saal eine Murmel verteilen lassen. „Möge 2023 zumindest nicht schlechter werden als dieses Jahr“, wünschte er. „Friedliche Weihnachten!“