Hamburg. Die britische Rockband spielte eine solide Show vor Stadtfest-Kulisse: Nur 1700 Fans verloren sich in der Barclays Arena.

„The Last Night of the Electrics“, versprach Status Quo beim Konzert im November 2016 in der Barclays Arena: Feierabend. Schicht im Schacht. Kein Boogie’n’Roll mehr. 5500 Fans der in den Grundzügen bereits 1962 gegründeten Band aus London erlebten damals den Abschied von großen Tourneen, der eingeleitet worden war, weil die gesundheitlichen Probleme von Ur-Gitarrist Rick Parfitt überhand nahmen. In Hamburg war Parfitt nach einem Herzinfarkt schon nicht mehr dabei, er starb kurze Zeit später, an Heiligabend 2016.

Status Quo in Hamburg: Solide Show, wenig Zuschauer

Und jetzt, sechs Jahre später, ist Status Quo wieder da. Oder immer noch. Francis Rossi, der letzte verbliebene Bandgründer, kann einfach nicht von seiner Gitarre lassen. „Ich spiele, bis ich vorneüber falle“, sagt er bei Showbeginn am Dienstag in der Barclays Arena. Das ist auf jeden Fall glaubwürdiger als angekündigte Abschiedstourneen, die doch keine sind. Grund zur Traurigkeit gibt es trotzdem: 1700 Fans verlieren sich in der künstlich geviertelten Barclays Arena.

Die Gründe sind vielfach analysiert und diskutiert worden, man hat es wirklich satt, sie immer wieder aufzulisten. Corona, Inflation, schon klar. Trotzdem ist es immer wieder schockierend, wie Bands vor einem Drittel des eigentlich erwartbaren Publikums vor zerrupft aussehenden Rängen spielen müssen.

Manfred Mann’s Earth Band spielt im Vorprogramm

Manfred Mann, Bandleader seiner Manfred Mann’s Earth Band im Vorprogramm, soll darüber backstage sehr frustriert gewesen sein, wie der NDR beobachtet haben will. Der Zeitgenosse von Status Quo orgelt sein Set mit überlangen Versionen von „Blinded By The Light“ und „Davy’s On The Road Again“ auffällig desinteressiert runter, mit Hut und gelber Steppweste scheint er bereits fertig für den Angelausflug zu sein. Sein Sänger Robert Hart macht allerdings stimmlich auch mit 64 Jahren eine gute Figur.

Status Quo hingegen legt los, als würde die Band vor 12.000 spielen. Zum mindestens 14. Mal beginnt das Quintett einen Hamburger Konzertabend mit „Caroline“. Seit Ende der 60er Jahre haben Rossi und seine Jungs so ziemlich überall in der Hansestadt ihre Spuren hinterlassen: Laeiszhalle, CCH, Stadtpark, Ernst-Merck-Halle, Sporthalle, sogar im Café Keese auf dem Kiez während einer „Pub Tour“ 1999.

Der Name Status Quo ist Programm, es gibt wenig Abwechslung

Auch wenn die Setlist über die Jahre und nach der Veröffentlichung von neuen Alben – 2019 erschien „Backbone“ – ebenso variierte wie die Besetzung, unterscheiden sich die meisten Status-Quo-Konzerte kaum voneinander. Schlagzeuger Leon Cave, seit 2013 dabei, gibt den Boogie vor. Francis Rossi und Rick Parfitts Nachfolger Richie Malone brettern sich durch Drei-Akkord-Folgen, Bassist Rhino Edwards achtelt die Grundtöne durch und Andy Brown bearbeitet das Keyboard oder schnallt sich dann und wann, zum Beispiel bei „Softer Ride“, auch noch eine Gitarre um. Abwechslung entsteht durch gemeinsames Posieren zu zweit oder zu dritt und durch den steten Austausch am Gesang. Ansonsten geht es in der Barclays Arena nur um „Rock ‘n’ Roll ‘n’ You“ mit „Rain“, „Little Lady“, und „Beginning Of The End“.

Schnell gerät Francis Rossi ins Schwitzen und schält sich in britischer Slapstick-Manier aus seiner seit fünf Jahrzehnten getragenen Weste. Man muss durchaus hervorheben, wie agil nicht nur seine jüngeren Bandmitglieder sind, sondern auch der 73 Jahre alte Bandboss. Bei gleichaltrigen Kollegen, die ihre goldenen Zeiten ebenfalls in den 70er-Jahren hatten, Deep Purple zum Beispiel, sind die Konzerte was das Geschehen auf der Bühne betrifft, statischer.

Bei Status Quo hingegen ist Tempo angesagt. Gleich acht Songs, darunter „What You’re Proposing“, „Railroad“ und „Again And Again“, werden in einem langen Medley zusammengefasst. Klingt aber eh alles gleich. Nur wenige Songs wie „Oriental“ brechen aus dem Boogie-Gerüst aus und driften kurz in Blues und Rock ab.

Es braucht eine ganze Weile, bis das Publikum in Bewegung kommt

„Ganz schön kalt hier, was?“, bemerkt Rossi früh im Set, und es braucht eine ganze Weile, bis Hits Marke „In The Army Now“ und „Down Down“ die lückenhaften Reihen im Innenraum und den Unterrang in Bewegung bringen, zum Mitsingen und Mitklatschen. „Wie eine Coverband auf einem Stadtfest“, merkt eine Sitznachbarin an, vielleicht in Anspielung darauf, dass nur noch ein Originalmitglied auf der Bühne steht oder dass die beiden bekanntesten Songs, „In The Army Now“ und „Rockin’ All Over the World“ Coverversionen sind.

Nach 110 Minuten und der Zugabe „Don’t Waste My Time“ bleibt ein zwiespältiger Eindruck. Zeitverschwendung oder netter Spaß mit netten Herren, die noch gern Musik machen? Ach, was solls! „Here we gohooo, rockin’ all over the world“. I like it.