Hamburg. Pianist und seine Band wurden im Großen Saal frenetisch gefeiert. Der zweite Teil des Konzerts war besonders furios.
Schon zwei Stunden vor Konzertbeginn warten ein Dutzend Jazz-Liebhaber sehnsüchtig darauf, dass an der Kasse der Elbphilharmonie Karten zurückgegeben werden. Aber die Aussichten sind schlecht. Chucho Valdés, die überragende Persönlichkeit des Afro-Cuban Jazz, will jeder erleben, der ein Ticket ergattern konnte. Zumal Chucho schon 81 Jahre alt ist und man nicht weiß, wie oft er noch nach Europa reist.
Elbphilharmonie: Chucho Valdés und Band frenetisch gefeiert
Als er um Punkt 20 Uhr auf die Bühne im großen Saal kommt, hat er eine Mappe mit Notenblättern unter dem Arm, doch die benötigt der Pianist zunächst nicht. In der ersten halben Stunde spielt er zusammen mit seinem Quartett ein paar Stücke aus seinem riesigen Oeuvre. Sein Anschlag ist kraftvoll und hart. Dass sein Steinway-Flügel noch verstärkt wird, ist des Guten fast zu viel.
Valdés lässt seine Finger über die Tastatur fliegen, er improvisiert und variiert melodische mit perkussiven Passagen, man erkennt Fetzen von Jazz-Standards, er zitiert Thelonious Monk, balladeskes Spiel geht nahtlos in fröhliche Salsa-Klänge über. Das Publikum ist angesichts der Spielfreude der vier Könner aus dem Häuschen.
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Nach diesem virtuosen Vorspiel folgt das Hauptprogramm: „The Creation“ ist eine große Suite für Bigband, Percussion und Gesang. Neun weitere Musiker kommen auf die Bühne, die beiden Pianisten Hilario Duran und John Beasley leiten die Formation und Valdés breitet die Noten aus. In der Komposition will er die Schöpfungsgeschichte der Santería erzählen, der Verschmelzung der afrikanischen Yoruba-Religion mit dem Katholizismus, wie er auf Kuba zelebriert wird.
Chucho Valdés in der Elbphilharmonie: Publikum ist aus dem Häuschen
Die mehrteilige Suite beginnt mit afrikanischen Gesängen und Getrommel auf der Batá. Valdés kehrt auf den afrikanischen Kontinent zurück, von dem die Menschen verschleppt und in die Sklaverei verkauft wurden. Doch die Gesänge, die Polyrhythmik und auch die Religion konnten den Sklaven nicht vollständig genommen werden, sie lebten weiter. In den 60er-Jahren besannen sich viele afroamerikanische Jazzmusiker auf ihre Wurzeln.
Valdés nimmt 60 Jahre später auch darauf Bezug. Zuweilen klingt sein Ensemble wie eine Großformation aus Free-Jazz-Tagen. Die Perkussionisten weben einen dichten Rhythmusteppich als Untergrund für die Solisten an den Blasinstrumenten und den Klavieren. Jeder Musiker bekommt Freiraum, doch neben dem Bandleader und seinem magischen Klavierspiel überragen der Perkussionist Roberto Jr. Vizcaino und der Schlagzeuger Dafnis Prieto.
Was beide in langen Soli auf Congas und Drumset abliefern, ist mit dem Wort „atemberaubend“ nur unzutreffend beschrieben. Valdés und seine Band werden frenetisch gefeiert. Zu Recht.