Stehende Ovationen für das US-amerikanische Streichquartett bei seinem Hamburg-Abschied. Der fiel zunächst ganz schön träge aus.

Das Emerson String Quartet sei „ein Stück Musikgeschichte“: So hatte es Ludwig Hartmann, Vorsitzender der Kammermusikfreunde, in seiner kurzen Begrüßung gesagt. Und damit sicher nicht übertrieben.

Das US-amerikanische Streichquartett, 1976 gegründet, gehörte lange Zeit zu den weltweit herausragenden Ensembles und hat seinem Publikum echte Sternstunden geschenkt. Auch im Kleinen Saal der Laeiszhalle. Als das Quartett dort jetzt, am Ende seines letzten Auftritts in Hamburg, mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, galt der Applaus sicher auch der Erinnerung an frühere Zeiten und der beeindruckenden Lebensleistung. Denn das Konzert selbst bot lange Zeit nur wenig Anlass für Begeisterungsstürme.

Laeiszhalle: Emerson String Quartet ist künstlerisch müde geworden

Natürlich können die vier Streicher noch zusammen Quartett spielen, keine Frage. Aber sie tun es eben (zu) oft nicht mehr annähernd auf dem einstigen Niveau. Die unüberhörbaren technischen Probleme, gerade in der Intonation, sind das eine. Mindestens genauso schwer wiegt jedoch der Eindruck, dass das Ensemble künstlerisch einfach müde geworden ist.

Zumindest in der ersten Hälfte, bei Haydn und Dvorak, waren kaum einmal musikantische Frische, Leidenschaft oder echte Süße im Klang zu erleben. Und auch kein gemeinsamer Wille, die Hörerinnen und Hörer mitzureißen oder gar zu verzaubern. So aufzuhören, wäre ziemlich bitter gewesen.

Emerson String Quartet: Am Ende noch ein würdiger Hamburg-Abschied

Aber in der zweiten Hälfte, bei den Klassikern der Moderne, wandelte sich das Bild. Als hätten die Musiker in der Pause Kraft und Inspiration getankt. Sie kamen mit einer ganz anderen Energie auf die Bühne und bildeten auch körpersprachlich eine Einheit, einen lebendigen Klangkörper, der atmet und pulsiert. Plötzlich wirkten die Interpretationen dicht und differenziert. In Weberns ultrakurzen Bagatellen für Streichquartett ließen die Emersons einen funkelnden Farbreichtum aufblitzen.

Und im zweiten Quartett von Bartók formten sie nicht nur die vorher lange vermissten Spannungsbögen, sondern entfachten in den wilden, von der arabischen Volksmusik angeregten Rhythmen auch ein beinahe jugendliches Feuer. So wurde es dann doch noch ein würdiger Abschied von einem Ensemble, das Musikgeschichte geschrieben hat.