Hamburg. “Warten auf den Drop“ bleibt die Erlösung schuldig. Stattdessen gibt es ein Gefühl wie auf einem Rave – als einzige Nüchterne.
Dumpf wummert der Herzschlag schon beim Einlass über die Boxen. Sich bewegende Säulen (Bühne: Nadin Schumacher) verengen den ohnehin eher übersichtlichen Theaterraum in der Thalia-Garage auf dem Gaußstraßen-Gelände. Drei Menschen tauchen auf, in flamingofarbenen Raumanzügen (Kostüme: Hanna Krümpfer), über die sie sich selbst zu wundern scheinen.
Wer sind wir und wenn ja, warum? Dieses etwas verlegene, irgendwie sehr liebevolle Einander-Entdecken in der ersten gemeinsamen Szene, das ist eigentlich der schönste Moment in Moritz Reichardts Inszenierung seines eigenen Textes: „Warten auf den Drop oder Ein Drama ohne Akt“ – bloß folgt dann noch ein ganzes Stück.
Thalia Gaußstraße: Auf Sinnsuche in flamingofarbenen Raumanzügen
Das Warten auf den Drop beschreibt ein Gefühl der Anspannung, das Warten auf Erlösung, eigentlich in der elektronischen Musik, hier aber metaphorisch. Bei Reichhardt (der zuletzt mit Sebastian Zimmler „Neon“ von David Foster Wallace auf die Bühne gebracht hatte) ringen die Spieler in einer Art Untergrund-Club um Worte und Nähe und Bedeutung. „Was denkst du? Oder wie?“ – „Nichts, das denk ich, einfach nichts.“
Sie finden dabei viele Sätze, die nicht nur diesen mäandernden Trip zu kommentieren scheinen, sondern – ohne dass sie es darauf anlegen – auch den ziellos vor sich hin philosophierenden Theaterabend: „Also, wann geht das mal los hier?“, fragt Jirka Zett einmal, „Mehr Beat wär gut jetzt, oder“, stellt Meike Knirsch an anderer Stelle fest. Gelegentlich wird ein Erich (Tim Porath) beklatscht, wofür genau, ist vermutlich nicht so entscheidend. Diesem Trio länger zuzuhören, ist ein bisschen, als stünde man als einzige Nüchterne auf einem schon sehr lange laufenden Rave. „Am schönsten ist es doch, wenn wenn die Worte fehlen.“
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Warten auf den Drop mit zunehmender Ermattung
Dabei schließt man diese Verlorenheit, diese Unsicherheit der Figuren, ihr spielerisches, sanftes Miteinander übrigens trotzdem ins Herz, was aber vielleicht mehr an der Offenheit und Durchlässigkeit von Jirka Zett, Tim Porath und Meike Knirsch liegt als am Text. Ein Haufen Kinder, die durch die Nacht stolpern, auf der Jagd nach Begegnung, Beziehung oder so etwas wie Authentizität.
Es gibt in der etwas über eine Stunde dauernden Sinnsuche einige auch formal interessante Ideen, mal am Klavier, dann mit Marionetten. Aber da ist es dann irgendwie schon zu spät. Warten auf den Drop also auf allen Seiten. Nur nicht mit wachsender Anspannung, sondern zunehmender Ermattung.
„Warten auf den Drop“, Garage/Thalia in der Gaußstraße, wieder am 22./23./30.11., jew. 20.00, Karten unter www.thalia-theater.de