Hamburg. Die Amerikanerin macht in der mit 3000 Zuhörern ausverkauften Edel-Optics-Arena in Wilhelmsburg mit ihrer Band mächtig Druck.
Sie ist zu hören, doch noch nicht zu sehen. Beim ersten Song "Lifts You Up" kommt Beth Hart ganz von hinten durch die Edel-Optics-Arena in Wilhelmsburg, geht durch die bestuhlten Reihen im Parkett, hinauf in den Unterrang, singt, schüttelt Hände und genießt die Nähe zu ihren begeisterten Fans.
Dann klettert sie auf die Bühne und ist schon mittendrin in ihrem Element. Und das ist rauer Bluesrock. Die Amerikanerin lotet Gefühle ganz tief aus, sie ist selbst durch die Drogenhölle gegangen und ihr entkommen. Wenn sie den "Bad Woman Blues" singt, klingt das wie eine Erinnerung an die schlimme Zeit, die sie erlebt hat, bevor ihr Mann und Roadmanager sie aus der Sucht gerettet hat.
Beth Hart ist legitime Nachfolgerin von Janis Joplin
Beth Hart, inzwischen 50 Jahre alt, ist mit ihrem radikalen Ausdruck die legitime Nachfolgerin von Janis Joplin, die mit 27 Jahren an einer Überdosis gestorben ist. Die Verbindung zwischen diesen beiden außergewöhnlichen Sängerinnen ist naheliegend, das war auch der Grund, warum Beth Hart für das Musical "Love, Janis" am Broadway gecastet wurde.
Zusammen mit ihrer versierten Band – Gitarrist Jon Nichols unterstützt sie bereits seit zwei Jahrzehnten – macht sie in der mit 3000 Zuhörern ausverkauften Halle mächtigen Druck. Mit Bill Ransom hat sie einen Schlagzeuger, der mächtig auf die Pauke hauen kann, der im akustischen Teil des Konzerts aber auch zeigt, wieviel Gefühl er besitzt, wenn es gilt, eine Ballade rhythmisch zu begleiten.
Bassist Tom Lilly mit seinem langen weißen Bart ist der stoische Methusalem innerhalb des eingespielten Quartetts. Hart freut sich wie ein kleines Kind, wenn die Band wieder einmal harten Bluesrock abgefeuert hat. Denn geht sie meistens zu Ransom und klatscht sich mit ihm ab.
Beth Hart ist eine einzigartige Sängerin
Sie ist eine einzigartige Sängerin und eine fingerfertige Pianistin, und Gitarre spielen kann sie auch noch. Immer wieder verblüfft sie mit der Gewalt ihrer Stimme und den Ausdrucksmöglichkeiten von Flüstern bis zu ekstatischem Geschrei. Im Programm hat sie eine Reihe jüngerer Songs wie "War In My Mind", "Sugar Shack" und das solo gesungene "Thankful", aber auch ältere Nummern wie den furiosen Gospel "Spirit Of God".
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Schon vor 15 Jahren hat Beth Hart Led Zeppelins "Whole Lotta Love" gecovert. In diesem Jahr ist ein ganzes Tribute-Album von ihr mit Songs des britischen Rock-Quartetts herausgekommen. Schon zu Beginn des Auftritts liefert sie eine starke Interpretation von "When The Levee Breaks" ab, im Zugabenteil gibt es dann noch mehr Led Zeppelin, zuerst "No Quarter" und dann ein fulminantes "Whole Lotta Love".
Robert Plant hat nach dem einmaligen Reunion-Konzert 2007 ausgeschlossen, dass es ein Comeback von Led Zepp geben würde, weil er definitiv nicht mitmachen werde. Jimmy Page und John Paul Jones haben über Alternativen nachgedacht, die Pläne aber verworfen.
Vielleicht sollten sie Beth Hart fragen. Sie würde als weibliche Led-Zeppelin-Sängerin sicher eine erstklassige Performance abliefern. In Hamburg konnten sich ihre begeisterten Fans von ihren Qualitäten als Robert-Plant-Pendant überzeugen.