Hamburg. Howie, AJ, Nick, Brian und Kevin wissen, wie sie ihre Fans um den Finger wickeln. Das Konzert war vor allem eines: nostalgisch.

  • Backstreet Boys spielen zwei umjubelte Konzerte in Hamburg
  • Pure Nostalgie für Boyband-Fans der 90er-Jahre
  • Der Superhit "Everybody (Backstreet's Back)" darf natürlich nicht fehlen

Die Barclays Arena steht unter Spannung. Es ist wie vor 25 Jahren, als die Backstreet Boys vor 80.000 Fans auf der Trabrennbahn in Hamburg gefeiert wurden. Damals waren die Fans der Boygroup aus Orlando Kinder oder Teenager, heute sind es erwachsene Frauen der Generation Ü30, viele von ihnen selbst Mütter. Sie sind gekommen, um in die Vergangenheit einzutauchen und sich zu erinnern: an das mit Plakaten der Idole gepflasterte Jugendzimmer, an die Treffen mit der besten Freundin, bei denen die Alben der Backstreet Boys im CD-Player rotierten.

Wenn ein Clip auf den Leinwänden über der Bühne auftaucht, in denen die Band Werbung für ihre gerade erschienene Weihnachts-CD macht, wird gejubelt, mit einer La-Ola-Welle – eigentlich aus der Mode gekommen – wird die Stimmung befeuert. Um kurz vor 21 Uhr ist es dann soweit: Der Vorhang mit den Buchstaben DNA, der Titel des aktuellen Backstreet-Boys-Albums und der laufenden Tournee, fällt, und ein ohrenbetäubendes Kreischen setzt ein. „Backstreet’s back“.

Backstreet Boys in Hamburg: Sie wissen, wie mitreißende Performance geht

Aus den Jungs sind erwachsene Männer geworden. Brian ist immer noch der Lustigste in dem Quintett und Howie der Zurückhaltendste. Nick, der blonde Teenie-Schwarm von einst, hat um die Hüften etwas zugelegt, „sieht aus wie ein ausgestopfter Osterkater“, raunt eine Sitznachbarin.

AJ outet sich als Football-Fan und kommt mit einem roten Cap der Las Vegas Raiders auf die Bühne; Kevin, mit 51 Jahren der älteste der Boys, erinnert mit seinen langen schwarzen Haaren und dem Bart an den legendären Frank Zappa. Seit 29 Jahren sind die Backstreet Boys im Geschäft und sie wissen besser denn je, wie ein mitreißende Performance funktionieren muss.

Mit „Everyone“ und „I Wanna Be With You“ eröffnen sie die fast zweistündige Show. Aufgereiht stehen sie im hinteren Teil der weit in den Zuschauerraum gebauten trapezförmigen Bühne. Im Parkett und auf den Rängen werden die Handys gezückt und erste Videos mitgeschnitten. Von der ersten Sekunde an ist die Stimmung in der Arena euphorisch.

Backstreet Boys – eine Band zum Anfassen

Die Beats ballern aus den Lautsprechern, der Rhythmus stampft, auf den riesigen Video-Leinwänden flimmern Bilder von tausendfachen Sternschnuppen, Lichtstrahlen und einer bedrohliche Sonne wie aus Lars von Triers Endzeitfilm „Melancholia“. Der Beginn des Konzertes ist eine Überwältigung aus Klang und Visionen. Beim dritten Song kommen die Backstreet Boys endlich noch vorne. Sie waren eine Band zum Anfassen und sind es geblieben.

Sie schütteln Hände, Handys werden auf die Bühne gereicht und sie machen Selfies von sich, wer nicht gerade singen oder tanzen muss, signiert schnell noch ein T-Shirt. Nur Stofftiere fliegen nicht mehr und auch keine Unterwäsche wie früher. Aus dem Alter sind ihre Fans inzwischen raus. Selbstironisch werfen Kevin und AJ später bunte, wenig elegante Unterhosen in die Menge und lachen sich über ihre Aktion schlapp.

Konzerte der Backstreet Boys sind jetzt vor allem nostalgisch

Die „Jungs“ reden mit ihren Fans, sie versichern, wie sehr ihre deutschen Anhänger ihre Karriere gefördert haben, radebrechen ein paar Sätze auf Deutsch, und sie zeigen Bilder von ihren Frauen und insgesamt neun Kindern. Zu Beginn ihrer Karriere durften sie nichts über ihre Freundinnen sagen, Privates war geheim. Sie waren Projektionsfläche für Millionen von Teenies und ihre Sehnsüchte. Aber das hat sich geändert, Konzerte im Jahr 2022 sind jetzt vor allem nostalgisch. Das merkt man daran, dass die Hits der frühen Phase besonders gefeiert und komplett mitgesungen werden. Bei den Liedern aus „DNA“, 2019 erschienen, lässt die Euphorie deutlich nach.

Die Choreografien waren immer ein wichtiges Element ihrer Shows, und die sind auch bei dieser Tournee perfekt einstudiert. Auch stimmlich haben die BSB nichts verloren. Wie gut sie singen können, zeigen sie bei einer A-capella-Version von „Breathe“ und bei den sich anschließenden Balladen „Don’t Wanna Lose You Now“ und „I’ll Never Break Your Heart“. Es gibt viel Beifall für diese Herzschmerz-Songs, doch ihrem erwachsen gewordenen Publikum steht der Sinn mehr nach ausgelassener Party.

Backstreet Boys in Hamburg: Am Ende kam die ausgelassene Party

Die steigt dann im letzten Drittel des Auftritts. Endlich kommt „Everybody (Backstreet’s Back)“, der sich wie ein roter Faden durch die Show gezogen hat, in einer langen Version. Nach dem x-ten Kostümwechsel bringt ein Lift sie in weißen Anzügen aus dem Untergrund auf die Bühne zurück und sie zitieren ihr frühes Bühnen-Outfit.

Die Party läuft und läuft und läuft mit schnellen Stücken wie „We’ve Got It Going On“ inklusive eines kurzen Raps, „It’s Gotta Be You“ und „I Want It That Way“. Vor den Zugaben gibt es den letzten Klamottenwechsel und mit „Don’t Go Breaking My Heart“ und „Larger Than Life“ endet die beeindruckende Show.

Feuerfontänen schießen in die Höhe und mit einem lauten Knall fallen Luftschlangen auf das Auditorium herab. Der Beifall am Ende ist mindestens so laut wie zu Beginn. Die Backstreet Boys haben erstklassig abgeliefert und schicken ihre Fans hochzufrieden und glücklich nach Hause. Alles bei diesem Konzert ist fast wie immer, doch einen Unterschied gibt es: Vor der Halle stehen keine wartenden Eltern, um ihre minderjährigen Sprösslinge nach Hause zu karren.