Hamburg. Die dänische Band sorgte für Partystimmung in der nahezu ausverkauften Arena im Volkspark. Sicherheitsdienst fiel negativ auf.

„Manche von euch haben vielleicht überlegt, was sie jetzt tun sollen“, sagt Michael Poulsen mit einem Grinsen. „Die Gasrechnung zahlen oder zu Volbeat gehen… Ach, scheiß auf die Gasrechnung, Volbeat ist billiger!“

Die zu diesem Zeitpunkt schon ordentlich euphorisierten Fans in der nahezu ausverkauften Barclays Arena stimmen da am Montagabend begeistert zu, aber eigentlich geht es hier nicht um so etwas profanes wie Geld, sondern um viel Grundsätzlicheres:

In einer Zeit permanenter Krisen und Verunsicherungen sehnen sich alle – auch Poulsen und seine Band – nach Ablenkung, nach einer Auszeit von trüben Gedanken und Zukunftsängsten. Etwas, das ein Volbeat-Auftritt zu bieten verspricht.

Barclays Arena: Poulsen gesteht Aufregung bei Volbeat ein

Es ist das erste Konzert einer langen Europatour und am Ende des Abends wird Poulsen gestehen, man sei vorher schon recht aufgeregt gewesen. Doch eigentlich besteht dafür gar kein Grund, denn wenn die seit inzwischen gut 15 Jahren erfolgreiche Volbeat-Maschine einmal rollt, dann gibt es kein Halten mehr, weder auf noch vor der Bühne. Die erstreckt sich, mit Leuchtleisten geschmückt, weit in den Innenraum hinein und wird auch von Gitarrist Rob Caggiano und Bassist Kaspar Boye Larsen ausdauernd belaufen, während Schlagzeuger Jon Larsen als verlässlicher Taktgeber im Hintergrund thront.

Der Bereich zwischen den Laufstegen trägt den Namen „Parasite Pit“ und hier haben sich die allertreuesten Fans oder einfach die mit dem am besten gefüllten Bankkonto versammelt. 497 Euro muss hinlegen, wer bei Volbeat maximal dicht am Geschehen feiern will, als Bonus gibt es unter anderem ein Treffen mit der Band und ein gemeinsames Foto, geschossen vom offiziellen Tourfotografen.

Volbeat: Rund 150 Fans sicherten sich teures Exklusiv-Ticket

Knapp 150 Fans haben in Hamburg diese Option gewählt – Eskapismus kann manchmal ganz schön teuer sein. Aber weder ganz vorn noch ganz hinten macht an diesem Abend irgendwer den Eindruck, es tue ihm oder ihr leid um „das schöne Geld“. An die Gasrechnung jedenfalls denkt hier gewiss gerade niemand.

Im Gegenteil: Über weite Strecken ist die Barclays Arena eine Partymeile, treibt die mitreißenden Mischung aus Heavy Metal und Rock ‘n’ Roll die Stimmung in immer neue Höhen. Dafür müssen die Songs nicht weiter komplex sein. Sind sie ja auch nicht. Grundsätzlich gilt: Wer ein Volbeat-Stück mag, der mag vermutlich alle – und erlebt eher selten Überraschungen. Das gilt für die relativ überschaubare Metalfraktion, die von Bandaufnähern übersäte Jeanskutte zum großflächigen Tattoo trägt, ebenso wie für die „Normalos“, die den Löwenanteil des Publikums ausmachen.

Social Distortion“ und „Elvis“ hat Michael Poulsen sich (unter anderem) auf seine breiten Arme tätowieren lassen: Das beschreibt ganz gut den Klangkosmos einer Band, die sich im melodischen Punkrock ebenso verwurzelt fühlt, wie im geradezu mythischen Oeuvre des King und die daraus einen massenhypnotischen Sound entwickelt hat.

Natürlich gibt es ein paar neue Songs vom aktuellen Album „Servant Of The Mind“, das es in Deutschland, Österreich und auch in Volbeats dänischer Heimat auf Platz eins der Charts schaffte, aber selbstverständlich ist der Mitsingfaktor am größten, wenn Poulsen und Co. zu animierten bunten Filmchen, Rauchsäulen oder Konfettiregen ganz tief in die Hitkiste greifen. „

Nur der Sicherheitsdienst in der Barclays Arena fiel negativ auf

Sad Man’s Tongue“, „Fallen“ und „The Garden’s Tale“ sind bereits in der ersten Hälfte zu hören, später geht es dann mit Nummern wie „Heaven Nor Hell“ und „Doc Holliday“ auf die Überholspur. Lediglich der Security in der Halle gefällt die bisweilen in harmlose Moshpits mündende Partylaune nicht. Ein Zwei-Meter-Hüne stellt sich mitten unter die Feiernden und gebietet dem Geschehen mit Mister-Gnadenlos-Ausstrahlung Einhalt. Eine überflüssige Aktion.

An der Grundstimmung in der Barclays Arena ändert diese Episode allerdings nichts: Und das liegt vor allem an den Knallern, die den gut 110-minütigen Abend beschließen: „A Warrior’s Call“ vom zwölf Jahre alten Album „Beyond Hell /Above Heaven“ und natürlich die ganz große Herzöffner-Nummer „For Evigt“, bei der ein Meer aus Handylichtern die Halle erleuchtet und sich ganze Freundesgruppen beim Refrain singend in den Armen liegen.

Danach kann nur noch das hymnische „Still Counting“ kommen, in die jubelnde Menge geschossene Luftschlangen inklusive. Auf der Abschiedsrunde über die Laufstege fliegen Plektren, Schlagzeugstöcke und sogar zwei gerade benutzte Drumheads (Trommelfelle) ins Publikum – da kann so mancher sein Glück kaum fassen.

Man wolle jetzt mal für eine Weile all die beängstigenden Krisen um uns herum vergessen, hatte Michael Poulsen am Anfang gesagt. Verschwunden sind die knapp zwei Stunden später natürlich nicht, aber vielleicht gibt ein Konzert wie dieses manchem die Kraft, ihnen auch weiterhin zu begegnen.