Hamburg. US-Rapper gibt ein überragendes Konzert in der Barclays Arena – mit Schattenspielen, Feuerwerk und einer seltsamen Szene.

Kaum Autos auf dem Parkplatz an der Barclays Arena. Dafür sind die Bus-Shuttles von der S-Bahn brechend voll. Die Fans des US-amerikanischen Hip-Hop-Stars Kendrick Lamar reisen mit Bus und Bahn an. Und stellen sich diszipliniert und ohne zu drängeln in zwei Reihen auf, die zum Unterrang oder in den Innenraum führen. Auf dicke Hose macht niemand, Gangsta-Attitüde ist hier fehl am Platz. Das hat natürlich mit Lamar zu tun.

Kendrick Lamar: Eine Lichtgestalt im Hip-Hop-Kosmos

Der in prekären Verhältnissen in Compton, einem berüchtigten Vorort von Los Angeles, aufgewachsene Rapper zählt zum sogenannten „conscious hip-hop“, der sich überwiegend gesellschaftskritisch artikuliert und im Gegensatz zum sexistischen Rap steht, der auch hierzulande gerade unter Teenagern sehr populär ist. Lamar ist eine Lichtgestalt im Hip-Hop-Kosmos. Auf seinen Alben präsentiert er sich als erwachsener und politischer Künstler, auf der Bühne zählt er zu den überragenden Entertainern.

Als er die bis weit in die Mitte der Arena hineinreichende Bühne betritt, hat das Publikum bereits Betriebstemperatur erreicht. Schon Tanna Leone und Baby Keem, zwei Rapper auf dem Weg zu großer Popularität, entfachen eine Euphorie unter den Fans in der nicht ganz ausverkauften Halle, die man selten in einem Vorprogramm erlebt.

Als Lamar dann um 21.15 Uhr seine Show beginnt, sitzt er im Hintergrund der Bühne und spielt auf einem Klavier. Kein großer Helden-Auftritt, kein Glamour, zurückhaltend sitzt er da, beginnt mit „United In Grief“, während die Menge im Parkett und auf den Rängen schon tobt. Dann geht er mit einer Handpuppe zur Mitte des breiten Bühnenstegs und rappt mit Hochgeschwindigkeit los. Auf großen Leinwänden werden die schnellen Mundbewegungen der Puppe übertragen.

Schattenspiele, Feuerwerk – und ein Covid-Test

An diesem Abend wird es eine ganze Reihe weiterer theatraler Momente geben. Ein elfköpfiges Tanzensemble ist Teil des Auftritts, es gibt Schattenspiele, Feuerwerk und eine Szene, in der Lamar sich in ein durchsichtiges Viereck begibt und ein Covid-Test simuliert wird. „Flow“ ist ein wichtiger Begriff innerhalb des Hip-Hops, doch auf den Fluss verzichtet Lamar. Nach jedem Song erlischt das Bühnenlicht, das Konzert wird zur theatralen Nummern-Revue.

Er verzichtet auch auf das Ranschmeißen ans Publikum mit Aufforderungen wie „make some noise“ und anderen Mitmach-Spielchen. Er muss das Auditorium nicht anstacheln, das hat von sich aus schnell das höchste Euphorie-Level erreicht, ist erstaunlich textsicher und unterstützt den Rapper nicht nur in den Refrains seiner Texte.

In Szene gesetzt hat Lamar vor allem die Songs aus seinem aktuellen Werk „Mr. Morale The Big Steppers“, aber auch frühe Nummern wie „King Kunta“, „m.A.A.d. City“ und „Alright“ sind in die abwechslungsreiche Performance eingebaut. Gegen Ende des bilderreichen und höchst unterhaltsamen Konzertes kommen noch einmal Baby Keem und Tanna Leone auf die Bühne und rappen gemeinsam mit Lamar ihre eigenen Songs. Damit erweist er seinen Anheizern Respekt – auch ein Schlüsselbegriff im Hip-Hop.