Hamburg. Das Theater das Zimmer zeigt auf kleinem Raum eine große Premiere: Die Inszenierung der Kleist- Novelle ist ein Stück, das nahegeht.
Doppelten Grund zum Feiern diese Woche im Theater das Zimmer: Erst wurden Sandra Kiefer und Lars Ceglecki, die Hamburgs kleinste Bühne seit 2014 leiten, mit dem Barbara Kisseler Preis für die Spielzeit 2021/22 geehrt – 50.000 Euro Preisgeld helfen dem ,Zimmer“ finanziell sehr. Und nun ist auf engem Raum wieder Großes zu sehen.
Für die zweite Premiere der neuen Saison hat der dem kleinen Horner Haus verbundene Regisseur Jona Manow erstmals mit Kim Bormann gearbeitet. In dessen 70-minütiger Inszenierung der Kleist- Novelle ,,Die Marquise von O.“ (1808) erzählt die Schauspielerin in einem raffinierten Rollenspiel die Geschichte von weiblicher Selbstbestimmung, Traumatisierung, von Kriegsverbrechen und patriarchalem Narzissmus. Ein Theaterstück, das nicht nur räumlich, auch thematisch nahegeht.
Theater Hamburg: Schauspielerin nutzt auch Requisiten
Kim Bormann steht in ihrem schwarzen Boilersuit, einem einteiligen Hosenanzug, für eine selbstbewusste und starke Frau. Minutenlang blickt sie wortlos im Raum umher. Das Geschehen wird im Wechsel zwischen Bormann und einer Erzählstimme aus dem Off offenbart. Jedoch braucht ein Solostück mit derart komplexer Handlung zusätzliche Kreativität.
- Lichthof Theater: Geschichten, die der Krieg schrieb
- Macbeth: „Warum starrt ihr mich alle so an?"
- Wie eine Pianistin in Theresienstadt um ihr Leben spielte
Deshalb bedient sich die Schauspielerin nicht nur dramatisch alternierender Gestik und Mimik, sie nutzt für einzelne Szenen auch Requisiten wie ein Buch und einen Stuhl. Bormann spielt und rezitiert ab und zu wie beim Vorlesen: Das bringt Humor hinein und lockert die Tragödie etwas auf.
Theater Hamburg: Titelfigur wird gepeinigt
Deutlich wird indes, wie sehr die Titelfigur gepeinigt wird. Am Ende lässt Manow diese bewusst vom Originaltext abweichen. Vulgäre Ausrufe („Verpiss dich!“) verdeutlichen die emotionale Unruhe der Marquise von O.. Für diese moderne Interpretation gibt es ausgiebigen Applaus für Schauspiel und Regie.
,,Die Marquise von O.“ bis 30.10., Mi–Sa jew. 20.00, So 16.00, Theater das Zimmer (Bus 123), Washingtonallee 42, Karten zu 22,-, (erm. 15,-) unter T. 65 99 11 68