Hamburg. Die Botschaft der Freejazzerin Angel Bat Dawid geht in einem Klanginferno unter. Einige Zuschauer gehen, andere tanzen.

Am Eingang werden Ohrenstöpsel verteilt. Mancher Zuhörer, der den kleinen Gehörschutz nicht genommen hat, wird das schon nach wenigen Minuten bereut haben, denn Angel Bat Dawid und ihre Brothahood legen nach einem Intro mit Gesängen und Klatschen in voller Lautstärke los. Der Bühnenhintergrund im kleinen Saal der Elbphilharmonie ist mit schwarzen Tüchern abgehängt, um einen Klangbrei zu verhindern.

Strukturen sind bei dieser Art von Free Jazz der amerikanischen Sängerin, Pianistin und Klarinettistin nicht zu erkennen. Ihre Truppe mit den beiden Multiinstrumentalisten Jaden Berkman und Adam Zanolini, Schlagzeuger Alejandro Salazar und dem Sänger und Tänzer Viktor Le Givens ergeht sich in freien Kollektivimprovisationen, die das Publikum wie Peitschenhiebe treffen.

Konzertkritik: Zuschauer verlassen den Saal

Bat Dawid schreit ihre Texte heraus, hämmert in ihr E-Piano und hinter ihr entfacht Tha Brotherhood ein geräuschhaftes Feuerwerk. Für einige Zuhörer zu radikal, das erste Paar verlässt nach 15 Minuten den Saal, weitere folgen. „Blackness“ ist das Thema der afroamerikanischen Künstlerin aus der freien Szene in Chicago. Doch leider sind die Texte, die sie zusammen mit Le Givens in den Saal schleudert, kaum zu verstehen. Ihre Botschaft geht in dem Klanginferno unter. Nach 30 Minuten ist zum ersten Mal Gelegenheit zum Durchatmen, weil das wilde Spiel in eine ruhige Klangfläche übergeht. Es ist nur eine kurze Verschnaufpause, bevor diese irrwitzige tour de force weitergeht.

Bat Dawid fordert das Publikum auf sich zu erheben und zu tanzen. Sie verlässt die Bühne und bewegt sich mit rhythmischen Schritten durch den Saal, einige Frauen schließen sich an und folgen ihr bis aufs Podium. „Starrz“ heißt die Nummer. Sie passt perfekt zum Thema „Afro-Futurism“ der Elbphilharmonie.

Konzertkritik: Bat Dawid steht für musikalische Freiheit

Im Rahmen dieses Schwerpunktes ist Bat Dawid nach Hamburg eingeladen worden. Wie sehr sie von der Musik eines Pharoah Sanders geprägt ist, zeigt sie in der Zugabe. Sie spielt seine Komposition „The Creator Has A Masterplan“ und auch John Coltranes „A Love Supreme“ taucht als Variation auf. Angel Bat Dawid steht für grenzenlose musikalische Freiheit, aber auch für tiefgehende Spiritualität.