Hamburg. Die Pianistin harmonierte prächtig mit Trevor Pinnock, dem Dirigenten des Kammerorchesters Basel. Ein Hamburg-Extra zum SHMF.

Altersgrenzen spielen in der Musik kaum eine Rolle: Der legendäre polnische Pianist Mieczysław Horszowski trat noch mit 99 Jahren auf, Herbert Blomstedt begeistert mit 95 am Dirigenten-Pult. Bis dahin hat die Portugiesin Maria João Pires (78) noch ein wenig Zeit. Aber sie gibt nur noch wenige Konzerte. Und wie! Voller Esprit! Zu erleben in der Laeiszhalle als Hamburg-Extra nach dem eigentlichen Ende des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Am Pult des Kammerorchesters Basel stand der Brite Trevor Pinnock (75), auch ein Grand Seigneur des Klassikszene.

Mozarts berühmtes A-Dur-Klavierkonzert KV 488 war eingebettet in Bekanntes und Unbekanntes aus Frankreich, vor der Pause Ravels „Tombeau de Couperin“, danach Gounods Sinfonie Nr. 2, eine echte Rarität. Maria João Pires hat Mozart wirklich verinnerlicht, sie nimmt einen an die Hand und zeigt die Wunder seiner Musik: Mit immer warm perlenden Läufen, die nie zu virtuosem Selbstzweck verkommen, sondern immer Fragen stellen, auf Ecken und Kanten weisen.

Bach in der Laeishalle: Verhakt-tänzelnde Rhythmen und geheimnisvolle Harmonien

Eine konzentrierte Ruhe gelang ihr im melancholisch-schmerzvollen fis-Moll-Adagio des Konzertes, quirlig und pointiert als Kontrast dazu der flotte Final-Satz. Alles harmonierte prächtig mit dem Kammerorchester Basel. Dirigent Trevor Pinnock und Pires sind schon lange musikalische Partner, die sich vertrauen und gut kennen. Und dann schien die Zeit stillzustehen bei der Zugabe, dem Largo aus Bachs f-Moll Klavierkonzert.

Ein Meisterwerk ist auch Ravels „Tombeau de Couperin“ (Grab/Grabstein für Couperin), ein musikalisches Denkmal, seine Hommage an diesen Barock-Komponisten. Die flirrend-virtuosen Bläser des Kammerorchester Basel imitierten gekonnt Couperins Cembalostil, eingebettet in den Zauber der duftig-leichten Sphäre des Impressionismus im Orchester, vermischt mit verhakt-tänzelnden Rhythmen und geheimnisvollen Harmonien. Pinnock mischte das mit Magie und Esprit.

Das gesamte Orchester gackert, pickt und hakt

Davon lebte auch Gounods zweite Sinfonie. Dass die Hauptdomäne des Komponisten eigentlich die Oper ist, hört man in den vielen stimmungsvoll und dramatisch gemalten Orchesterfarben. Die Basler geizten da nicht mit Verve, zum Beispiel mit echter Gewitter-Stimmung a la Beethovens Pastoral-Sinfonie im Scherzo. Ansonsten ließ Gounod sich für seine Es-Dur-Sinfonie reichlich von Beethoven, Schubert, Schumann oder Mendelssohn inspirieren.

Sicher ist das Stück kein Geniestreich, aber es gibt viele originelle Ideen, die Trevor Pinnock feinfühlig und energiegeladen herauskitzelte. Besonders lohnend war aber auch die witzige Zugabe: Respighis Arrangement eines Cembalo-Stücks von Rameau mit dem Titel „Das Huhn“. Wie hier das gesamte Orchester gackert, pickt und hakt, war nicht nur ein amüsanter Konzert-Ausklang, sondern ein Bogen zum Anfang mit Ravel, der ja auch als Impressionist einen barocken Kollegen unter die Lupe nahm.