Hamburg. Der Dokumentarfilm „Wettermacher“ von Stanislaw Mucha entführt in die Polarwüste – an einen der einsamsten Arbeitsplätze der Welt.

Dass heute auch von Dokumentarfilmen erwartet wird, dass sie unterhalten, daran trägt Stanislaw Mucha einige Mitschuld. Bekannt wurde der in Polen geborene, in Deutschland lebende Regisseur 2001 mit „Absolut Warhola“, einer launigen Erkundung der Gegend Osteuropas, aus der Andy Warhols Vorfahren stammten. Der Film war so reich an skurrilen Beobachtungen, dass man über die mangelnde Stringenz der Recherche gern hinwegsah. Seither hat Mucha seinen Stil noch verfeinert, er dreht dokumentarisch, formt daraus aber Geschichten voller Atmosphäre.

Für „Wettermacher“ reiste er an einen der einsamsten Arbeitsplätze der Welt: die Wetterstation Chodowaricha auf einer Halbinsel im russischen Polarmeer. Als Mucha erstmals hier eintrifft, sammeln dort drei Meteorologen mit teils noch sehr analogen Geräten Daten fürs Weltwetter.

Kino Hamburg: Wassili ist der einzige Nachbar

Aus dem Off stellt Mucha sie vor: das Ehepaar Alexander und Sascha, er vormals Berufssoldat mit traumatischen Erfahrungen aus dem Tschetschenienkrieg; sie vormals anderweitig unglücklich verheiratet. Ihr Chef Wladimir wurde anscheinend hierher strafversetzt; auf seiner vorigen Station gab es einen Todesfall mit ungeklärten Umständen. Nicht, dass Wladimir je darüber reden würde. Der einzige Nachbar in der Gegend ist Wassili, ein Krebsrekonvaleszent, der sein Leben in der Stadt hinter sich gelassen hat, um an den Ort seiner Kindheit zurückzukehren.

Mucha stellt seinen Protagonisten keine Fragen vor laufender Kamera, er filmt sie bei ihren alltäglichen Verrichtungen, lässt sie dabei miteinander oder vor sich hin sprechen und montiert das Material zu suggestiven Sequenzen, zu denen er aus dem Off die Narration liefert.

Kino Hamburg: Studie über Leben in Abgeschiedenheit

Das Ergebnis ist eine eher düstere Studie über das Leben in totaler Abgeschiedenheit. Die faszinierenden Aufnahmen von Wetter und Natur (winterliche Eis- wechselt zu sommerlicher Sandwüste mit Morast-Phasen dazwischen) bilden lediglich den Hintergrund für einen mit viel Raunen erzählten Plot, der geradezu True-Crime-Ausmaße annimmt.

Solange es um einen Hund geht, der verschwindet, passt das noch zu Muchas launigem Stil. Die sexuellen Übergriffe, über die zuletzt geredet wird, sprengen aber sein Format.

„Wettermacher“ 97 Minuten, ab 12 Jahren, läuft im Abaton