Hamburg. Die britische Sängerin und ihre Band begeisterten im Hamburger Stadtpark 2600 Fans mit Leidenschaft und Lebensfreude.
Na? Naa? Immer wieder gehen die Blicke nach oben beim Konzert von Joss Stone am Montag im Stadtpark. Aber obwohl Regen und Gewitter angekündigt sind, haben die britische Soulsängerin und ihre 2600 Fans Glück: Nur eine Handvoll Tropfen verdampfen auf schweißglänzenden Nacken und Rücken. Nicht mehr als ein kurzer Sauna-Aufguss von Petrus.
Und Stone und ihre breit aufgestellte Band unterstreichen die Schwüle leidenschaftlich mit ihrer Musik. Nach dem Auftakt mit dem Joe-Simon-Cover „The Chokin’ Kind“ geht es 100 Minuten nie über mittleres Tempo hinaus. Immer schön entspannt, langsame Tanzgangart, nur nicht eskalieren. Was nicht heißt, dass hier ein müder Schuh über das Parkett oder besser die Betonbühne und den Rasen geschoben wird. Joss Stone singt eh seit Beginn ihrer Karriere, als sie in den Nullerjahren mit Amy Whinehouse, Adele und Duffy das britische Soul-Revival anführte, immer barfuß.
Konzertkritik: Joss Stones Comeback blieb unbeachtet
Aus kommerzieller Sicht kann durchaus angemerkt werden, dass die goldenen Jahre von Joss Stone schon weit zurückliegen. An die großen Erfolge der ersten drei Alben „The Soul Sessions“ (2003), „Mind, Body & Soul“ (2004, Dreifach-Platin in ihrer Heimat), und „Introducing… Joss Stone“ (2007) kam sie im Anschluss nicht mehr heran.
Und ihr Comeback-Album „Never Forget My Love“ nach sieben Jahre Pause blieb dieses Jahr völlig unbeachtet, wobei sich das Musikgeschäft in dieser Zeit nicht nur durch Corona extrem gewandelt hat. Aber an ihrem Selbstverständnis als Sängerin und Unterhalterin und an ihrer Spielfreude ist das zum Glück spurlos vorbeigegangen.
Joss Stone wieder schwanger
Bei „Big Ol’ Game“, „Never Forget My Love“ und „Tell Me What You’re Gonna Do Now“ ist sie hervorragend aufgelegt, lässt den Blick über das Publikum schweifen („Ihr tanzt als würdet ihr das neue Lied schon kennen“) und spaziert die Grasnarbe entlang: „Was für ein wunderbarer Ort, um Musik zu machen.“
Der Applaus ist ihr damit sicher, auch weil Lebensfreude hier im Stadtpark mehr als offensichtlich ist: Joss Stone ist schwanger, und ihre im Januar 2021 geborene erste Tochter schaut ebenfalls am Bühnenrand ein paar Minuten zu, geschützt mit Kopfhörern auf dem Arm von Vater Cody. Stone strahlt, schickt ihr Lächeln durch die Reihen – und bestellt einen Tee. Very british.
Konzertkritik: Joss Stone gibt lange Zugabe
Aber der Tee darf durchaus mal besonders gewürzt sein, wie Joss Stone(d) in „Sensimilla“ singt, einer Ode auf die Vorzüge von Cannabis, und auch im Publikum hat wohl mancher einen grünen Daumen für Selbstgepflanztes. Das ist eine kleine Überraschung dafür, dass Sound und Songs von Stone verglichen mit anderen Künstlerinnen eigentlich handzahm, fast bürgerlich sind.
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Aber vielleicht ist das nur eine vornehme Zurückhaltung der Band, um ihrer wirklich beachtlichen, sehr variablen und punktgenauen Stimme noch mehr Raum zu geben beim Cover-Medley mit „Midnight Train To Georgia“, „I Say A Little Prayer“ und „It’s A Man’s Man’s Man’s World“ sowie bei „You Had Me“. Noch eine lange Zugabe, und die sympathische Sängerin beendet die Gartenparty. Auch ohne abkühlenden Schauer war das ein erfrischender Abend.