Hamburg. Die „Komödie mit Banküberfall“ vom Theater am Hechtplatz ist ein schöner Unfug mit Akrobatik und Musik. Dabei: Ein Ex-ESC-Sänger.

Vom „Jailhouse Rock“ bis zum Gospel „Everytime I Feel The Spirit“ ist es musikalisch ein durchaus breites Spektrum. Und dass eine „Komödie mit Banküberfall“ einige Turbulenzen mitsamt Verfolgungsjagd in sich birgt, verrät schon der Titel. Wie der ganz Spaß ausgeht? Nur so viel: Was das Ensemble des Theaters am Hechtplatz aus Zürich auf die Bühne des St. Pauli Theaters bringt, strapaziert die Lachmuskeln, ist teilweise zum Brüllen komisch und lässt mehrfach aufhorchen.

In dieser Stückfassung werden Wortwitz und Wortspiele immer wieder gern, jedoch auch gut ausgereizt. Da wird etwa das Adverb „knietief“ zur Befehlsform, weil es in Gefängniswärtern wie dem unterbelichteten Cooper (Peter Zgraggen) dankbare Ausführende hat. Er soll dem stets um eine gute Frisur besorgten Kleinkriminellen Ruscetti (Lavdrim Xhemaili) zum Ausbruch aus dem Hochsicherheitstrakt verhelfen, da dieser in die City-Bank der US-Stadt Minneapolis einbrechen will, Dort lagert der Diamant des Prinzen Ludwig von Ungarn.

„Komödie mit Banküberfall“ im St. Pauli Theater erinnert an Monty Python

Bis dieser Coup – alles andere als unfallfrei – gelingen kann, verkörpern die zwölf Darstellerinnen und Darsteller 40 Charaktere, wechseln rund 150-mal die Kostüme und gleich viermal den Schauplatz. Aus dem Gefängnis geht es in die Bank, in ein Apartment und in den Tresorraum. Das in den späten 50er-Jahren angesiedelte Stück erinnert mit Humor und Slapstick an die legendäre englische Komikertruppe Monty Python. Durchaus bewusst, denn Regisseur Dominik Flaschka hatte mit seiner Schweizer Schauspiel-Garde schon bei den Inszenierungen von „Spamalot“ und „The Play That Goes Wrong“ im St. Pauli Theater irrwitzige Volten geschlagen. Diesmal gewinnt er dem traditionellen Schwank und dem Genre Kriminalkomödie neue Seiten ab und treibt die Situationskomik mehrmals auf die Spitze.

Bestens ins Ensemble integriert sind die Hamburger Jendrik Sigwart und Rachele Pedrocchi. Der deutsche ESC-Teilnehmer des Vorjahres („I Don’t Feel Hate“) darf nicht nur an seiner Ukulele zupfen, als Taschendieb Sam Truelove, der sich je nach misslicher Lage auch als Arzt, Anwalt, Pfarrer oder Hausmeister ausgibt, hält Sigwart schauspielerisch mit den Kollegen mit. Zudem zeigt er im, auf, unter und über dem Wandklapp-Bett der von Rachele Pedrocchi gespielten Bankdirektors-Tochter akrobatische Talente. Ein schönes Paar geben die beiden ab, obwohl die verführerischere, Caprice mehrere Beziehungen hat, um die Miete zahlen zu können und ihr Ex-Freund der Ausbrecher Ruscetti ist.

St. Pauli Theater: Hamburger Premierenpublikum feiert Ensemble

Als ihr Vater Dreimann bildet Eric Hättenschwiler das komödiantische, oft auch aufbrausende Schwergewicht in dem ganzen Trubel. Gospel zelebrieren kann Hättenschwiler ebenso, musikalisch noch übertroffen von Sabina Deutsch, die als Sams Mutter Ruth Truelove in der Bank alle Register zeiht. Den Angestellten Warren Slax hingegen stempelt der Direktor mit dessen 67 Jahren als „sehr erfahrenen Praktikanten“ ab. Markus Schönholzer spielt ihn liebenswert als den Prügelknaben des Abends,. Von der Seite begleitetet Hans Uli Schlaepfer die Szenen oft mit Geräuschen oder am Piano und versucht dem Bankdirektor auch als Journalist auf den Zahn zu fühlen. Weil dieser Herr Dreimann schließlich in dreifacher Ausfertigung durch die Bank irrt, ist das Verwirr- und Verwechslungsspiel endgültig komplett – ob nun mit oder ohne Hose.

Und wenn die Gangster in Anlehnung an „Mission Impossible“ per Seilen in den elektronisch geschützten Tresorraum eindringen, um den kostbaren Diamanten zu stehlen, gerät das zur Parodie auf Actionfilme. Richtig spektakulär fürs Publikum ist die Vogelperspektive auf das Büro des Bankdirektors, während die Ganoven auf dem Weg im Lüftungsschacht stecken. Die Verfolgungsjagd hingegen stellen sie mit reduzierten Mitteln dank eines Wagens auf Rollen und eines Bürostuhls dar

Trotz aller komödiantischen und körperlichen Höchstleistungen gilt am Ende: Auch der schönste Unfug ist in diesen gut zweieinhalb Stunden (plus Pause) vor Längen nicht gefeit. Das Hamburger Premierenpublikum feierte das zwölfköpfige Ensemble dennoch mit minutenlangem Applaus. Merke: In dieser City-Bank bekommt man richtig was fürs Geld.

„Komödie mit Banküberfall“ bis 18.9., täglich außer Mo 19.30 (So 18.30), St. Pauli Theater, Spielbudenpl. 30, Karten zu 19,80 bis 66,90: T. 47 11 06 66; www.st-pauli-theater.de