Hamburg. Das chinesische Drama „Moneyboys“ ist derzeit im 3001-Kino zu sehen. Ein Film mit spannenden Einblicken und vielschichtigen Figuren.

Fei (Kai Ko) ist ein junger Mann vom Land, der irgendwann in die Stadt gezogen ist, auf der Suche nach einem freieren und besseren Leben. Jetzt verdient er seinen Lebensunterhalt als Escort für reiche Männer, denen er sexuell zur Verfügung steht. Damit unterstützt er auch seine fernab lebende Familie finanziell, die zwar das Geld bereitwillig annimmt, von seiner Homosexualität aber nichts wissen will.

Anders als Prostitution ist schwules Begehren in China nicht gesetzlich verboten, doch nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu, zumal in der Provinz. Als Fei zurück ins Dorf reist, gibt es zwar ein großes Essen für den Heimkehrer, doch wird mehr oder weniger offen getuschelt, weil er mit bald 30 noch immer keine Frau hat.

Kino Hamburg: Xiaolai nimmt Fei unter seine Fittiche

Bei einem seiner Aufträge begegnet Fei Xiaolai (JC Bin), einem erfahrenen Moneyboy, der ihn unter seine Fittiche nimmt, bald arbeiten und leben sie zusammen. Als Xiaolai an einem brutalen Freier Feis Rache übt, wird er von einem Schlägertrupp übel zugerichtet, Fei muss untertauchen.

Fünf Jahre später, Fei lebt inzwischen in einer anderen Stadt, folgt ihm sein jüngerer Cousin Long (Bai Yufan) aus dem Heimatdorf. Long hat eine Ahnung, womit Fei zu seinem Wohlstand und seiner schicken Wohnung gekommen ist, und steigt bald auch beruflich in die Fußstapfen des Älteren. Fei will lange nicht wahrhaben, dass sein Cousin mehr für ihn empfindet, bis dieser die Karten auf den Tisch legt.

Fei bleibt ein Außenseiter in beiden Welten

Eine Weile scheint so etwas wie Glück möglich, ein Leben in Freiheit und Anonymität, das sie freilich mit dem Preis familiärer und gesellschaftlicher Ächtung bezahlen. Doch anders als Long, der klar mit seinem alten Dasein bricht, verharrt Fei zwischen allen Stühlen, bleibt ein zerrissener Außenseiter in beiden Welten. Er kann nicht aus seiner Haut, daran muss am Ende selbst die Liebe scheitern.

Der in China geborene C. B. Yi, der mit 13 Jahren nach Österreich auswanderte und später in Wien bei Michael Haneke Filmregie studierte, erzählt seinen Debütfilm als stilsicher inszeniertes Drama mit vielschichtigen Figuren, das zugleich einen faszinierenden Blick in die aufstrebende junge urbane Mittelschicht Chinas zwischen Tradition und Turbomoderne eröffnet. Wegen dieses ungeschönten Blicks auf soziale Strukturen und den Erwartungsdruck, vor allem aber wegen der queeren Thematik war ein Vorbeikommen an den chinesischen Zensurbehörden aussichtslos.

Kino Hamburg: Dreh fand in Taiwan statt

Das unabhängige Kino hat es in China zunehmend schwerer, und so wich Yi mit seinem Dreh auf den benachbarten demokratischen Inselstaat Taiwan aus. Er taucht seinen Film in dramatische Farben und Neonlicht der nächtlichen Großstadt im Kontrast zum Naturalismus der Landszenen.

In langen Plansequenzen zeigen sich Details oft erst nach und nach, offenbaren sich verstohlene Blicke und werden die komplizierten Beziehungen zwischen den Figuren ohne viel Worte durch die Anordnung im Raum angedeutet. Ein in seiner distanzierten Melancholie anrührender Film, der nicht nur wegen seiner Bilder nachhallt, sondern auch als Porträt einer verlorenen Generation.

„Moneyboys“ 120 Min., ab 12 J., im 3001