Hamburg. Die Coming-of-Age-Geschichte spielt in den letzten Tagen der analogen Kultur und überzeugt durch seine Authentizität.

Musik, die mit Kratzern abgespielt wird, Kopfhörer, die beim Tanzen von den Ohren rutschen, Kassetten, deren Hüllen mit viel Liebe verziert wurden: „Die Magnetischen“ spielt in den letzten Tage der analogen Kultur. Regisseur Vincent Maël Cardona lässt seinen Film mit TV-Bildern der Wahlnacht in Frankreich vom 10. Mai 1981 beginnen, in der François Mitterand Präsident wurde.

Man sieht jubelnde Menschen. Nur der 17-jährige Philippe (Thimotée Robart) schaut gleichgültig. Die Wahl habe ihn kaltgelassen, erzählt seine Stimme aus dem Off, seine Gedanken hätten sich nur um ihn und seinen älteren Bruder Jerome (Joseph Olivennes) gedreht. Und darum, was sie auf dem kleinen Piratensender, den sie gemeinsam aus einem improvisierten Studio betreiben, als Nächstes senden würden.

Kino Hamburg: Philippe zum Militärdienst einberufen

Das Beziehungsdreieck, um das Cardona seinen Film anlegt, ist geradezu klassisch: Da sind die beiden Brüder, Söhne eines Kfz-Mechanikers in einer bretonischen Kleinstadt. Der schüchterne Phi­lippe bewundert den rebellischen Jerome über alles. Bis der eines Tages mit Marianne (Marie Colomb) ankommt. Trotz seines notorischen Ungeschicks gelingt es Philippe, die Aufmerksamkeit der schönen Friseurgehilfin zu gewinnen.

Er lässt sie einen Jingle einsprechen und führt ihr nebenbei vor, was er als Toningenieur drauf hat. Als er wenig später zum Militärdienst abberufen wird, überreicht Marianne ihm zum Abschied ein Mixed-Tape. Erst als er auf seinem Posten in Westberlin angekommen ist, hört er es zu Ende. „Philippe, du gefällst mir“, sagt Mariannes Stimme. Und man kann verstehen, dass es um ihn restlos geschehen ist.

So wenig neu die Coming-of-Age-Geschichte scheint, die Cardona hier erzählt, so authentisch gelingt ihm doch trotz bescheidener Mittel das 80er-Jahre-Setting. Dabei hilft nicht nur der präzis ausgesuchte Soundtrack, der auf gängige Hits verzichtet, sondern vor allem dessen Rahmung durch viel atmosphärische Stille. Zu analogen Zeiten waren Musik- und Radiotöne viel weniger allgegenwärtig als heute. Und umso bedeutungsvoller.

„Die Magnetischen“ 99 Minuten, ab 16 Jahren, läuft im Abaton, Studio, Zeise