Hamburg. Der Pianist und das Orchestra of the Age of Enlightenment reißen das Publikum zu Jubelstürmen hin. Konzert begann mit Scherz.
Bevor András Schiff, der große Eigenwillige unter den Pianisten, dem Orchestra of the Age of Enlightenment den Einsatz zu Beethovens drittem Klavierkonzert gibt, wendet er sich ans Publikum. Er habe im Programmheft „mit Entsetzen“ gesehen, dass er an diesem Abend Klavier spielen werde. Das ist natürlich ein gehobener Scherz. „Klavier“ steht seit frühester Zeit ganz allgemein für Tasteninstrumente und wird im heutigen Betrieb wie selbstverständlich mit schwarzglänzenden Konzertflügeln gleichgesetzt.
Sir András möchte es spezifischer. Er spielt eben keinen Steinway, sondern ein Pianoforte alias Hammerflügel, den Nachbau eines Modells aus der Beethovenzeit. Der sieht nicht nur wesentlich zierlicher aus, er hat auch einen ganz anderen Klang, die Stimmtonhöhe ist deutlich tiefer, kurz: Der erste Eindruck ist im Vergleich dem, was man in der Elbphilharmonie gemeinhin an Instrumentarium zu hören bekommt, ein kleiner Schock.
Farbenzauber in der Elbphilharmonie: András Schiff und sein Hammerflügel
Irgendwie teilt es sich mit, dass der Impuls des Spielers im Inneren des Hammerflügels auf dem Weg zum Ton wesentlich weniger Umwege macht als beim technisch hochgerüsteten modernen Flügel. Der Klang ist hell, zart, er kann schwanken, man hört das Material darin. Drückt man die Taste ohne die gebotene Höflichkeit, dann quittiert das Instrument das mit einem Klang ohne Hof, Aura, Hülle. Bisweilen klingt Schiffs bei aller Phrasierungs- und Artikulationskunst, als hätte er noch ein wenig von der Kraft in den Fingern, die er hier gar nicht braucht.
Im dritten Satz des Konzerts tanzen die Geister in den Geigen-Staccati, Bässe und Bläser drohen mit verminderten Intervallen – und Schiff legt ein Arpeggio darüber, kaum mehr als ein Schleier. Das ist er, der Farbenzauber der historischen Instrumente, der auf dem Weg zu mehr Lautstärke unter dem Mantra der Homogenität verlorengegangen ist.
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Elbphilharmonie: Orchester reißt zu Jubelstürmen hin
Das Orchester, eine dieser furiosen britischen Originalklang-All-Star-Bands, hat einen Moment gebraucht, um sich im Großen Saal klanglich und vom Zusammenspiel her zu finden. Bei Haydns Londoner Sinfonie Es-Dur sind sie alle da, leuchten die geistreiche, wandelbare und humorvolle Partitur aus mit Gestaltungsmitteln der Epoche, die man zum Glück des Publikums immer wieder dem Vergessen entreißen muss.
Mit der Seelenreise durch das Zwischenreich von Beethovens viertem Klavierkonzert reißen die Beteiligten das Publikum zu Jubelstürmen hin. Und servieren, als Zugabe der Extraklasse, noch den ganzen Finalsatz des ersten Klavierkonzerts.