Hamburg. Sibel Kekilli brilliert umwerfend natürlich im Film von Arman T. Riahi. Meisterstück besticht durch komplexe Charaktere.
Hier sind sie versammelt, die Verlorenen und falsch Abgebogenen: in der Gefängnisschule im Jugendtrakt einer Wiener Haftanstalt. Die Schülerinnen und Schüler beschimpfen einander und werden schnell gewalttätig, dem Unterricht folgen sie, wenn überhaupt, mit einer Mischung aus Aggression und Desinteresse.
Und doch gelingt es Lehrerin Berger (Maria Hofstätter) immer wieder, die straffällig gewordenen Jugendlichen abzulenken, für sich einzunehmen. Sei es mit der Maltherapie, sei es mit überraschenden Besuchen in der Gefängnisküche. Bis sie mit dem ehrgeizigen Mittelschullehrer Hannes Fuchs (Aleksandar Petrović) einen Assistenten an die Seite gestellt bekommt, der ihr auf die Nerven geht: Denn er hat eigene Vorstellungen und Ideen, mit denen Berger nichts zu tun haben will.
Filmkritik: Sibel Kekilli spielt Tara Ketabi
Nach seinem ersten abendfüllenden Spielfilm, der Komödie „Die Migrantigen“ (2017), hat Regisseur Arman T. Riahi erneut den knorrigen Aleksandar Petrović ins Zentrum seiner Geschichte gestellt. Sein Lehrer Fuchs trägt ein unbewältigtes Trauma und eine Menge Wut in sich. Schnell wird er auf die androgyne Schülerin Samira (Luna Jordan) aufmerksam, die ihren Vater ins Koma geprügelt hat und nun immer wieder den Übergriffen ihrer Klassenkameraden ausgesetzt ist.
Tara Ketabi von der Jugendgerichtshilfe, umwerfend natürlich gespielt von Sibel Kekilli, bittet Fuchs, sich um Samira zu kümmern, um einer Einweisung in die Psychiatrie zuvorzukommen. Doch seine Mühen enden katastrophal.
Filmkritik: ein bedrückend realistisches Meisterstück
Und dann ist da noch der Machtapparat des Gefängnisses, der alles lähmt und schlimmer macht. Der schmierige Aufseher Weber (Andreas Lust) kann mit Bergers unkonventionellen Unterrichtsmethoden nichts anfangen und will die Jugendlichen am liebsten ganztägig in die Zellen sperren. Er versucht Fuchs deshalb zu seinem Verbündeten zu machen und gegen Berger auszuspielen, am Ende sogar mit erpresserischen Methoden.
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Wie wird, wie bleibt man ein guter Mensch? Arman T. Riahis Film kreist genau um diese Frage. Er ist ein bedrückend realistisches, atmosphärisch überzeugendes Meisterstück, das vor allem durch die Komplexität der Charaktere besticht.
„Fuchs im Bau“ Drama, 102 min., von Arman T. Riahi, mit Aleksandar Petrović, Maria Hofstätter, Luna Jordan, Sibel Kekilli, läuft im Zeise-Kino