Hamburg. Kooperation von John Neumeier und Kampnagel: „For The Air That We Breathe“ mit geflüchteten Tänzern feierte bejubelte Premiere.

Viele ukrainische Stimmen sind im Publikum zu hören bei der Präsentation von „For The Air That We Breathe“ auf Kampnagel. Bei der Kooperation von John Neumeier und Kampnagel steht ein gemischtes Ensemble auf der Bühne, neben Mitgliedern des Hamburg Balletts auch sieben Tänzerinnen und Tänzer des ukrainischen Nationalballetts.

Gemeinsam haben sie in wenigen Wochen ein beachtliches Programm mit zwei Uraufführungen auf die Beine gestellt. Man spürt, dass es um viel mehr geht als um formvollendeten Tanz: Um das Wiederfinden der eigenen Identität nach von Krieg und Flucht geprägten Wochen. Auch um die Hoffnung auf eine Zukunft in der Kunst.

Hamburg Ballett: Höhepunkt ist das „Requiem“

Im ersten Teil mit vielen berührenden Pas de Deux gibt es tolle Begegnungen, etwa von Nicolas Gläsmann und Carolin Inhoffen, die einander umfangen, tragen und immer wieder zu Boden gehen. In der nur vier Minuten langen Miniatur „Dancing Pergolesi“ begeistern Yuliia Moskalenko und Stanislav Olshanskyi mit einer humorvollen und sehr artistischen Darbietung. Höhepunkt ist das von starken Bildern geprägte „Requiem“. Zur Musik von Henryk Górecki gehen sieben schwarz gekleidete Tänzer rückwärts, streuen schwarze Asche, fallen kunstvoll und rollen zum Bühnenrand.

Giorgia Giani und Mykyta Sukhorukov begeistern in einem Zweitanz, der bei aller Eleganz der Bewegungen zwischen zeitgenössischem Tanz und klassischem Ballett auch von Rohheit und Gewalt erzählt, wenn er sie herumschleudert oder über die Diagonale schleift.

Hamburg Ballett: Bilder des Krieges immer präsent

Kurz darauf schreiten die Tänzerinnen und Tänzer – alle in Anzüge gekleidet – im militärischen Gleichschritt einen Parcours ab, fallen vornüber und ziehen sich an ihren eigenen Kragen hoch. Es sind intensive, mitunter verstörende Bilder, die berühren, bis sich die Männer, von den vorwärtsschreitenden Frauen sanft angeregt, selbst von der Bühne schieben.

Im Kontrast dazu herrscht bei Silvia Azzoni und Alexandre Riabko in ihrem grandiosen Pas de Deux „Wo die schönen Trompeten blasen“ aus dem Neumeier-Ballett „Des Knaben Wunderhorn“ eine große Innigkeit. Allerdings geht es auch hier darum, dass die Frau auf ihren Liebsten warten muss, während er in den Krieg zieht. Die Bilder des Krieges und seine Auswirkungen auf die Menschen lassen den Betrachter die ganze Zeit über nicht los. Für diesen grandios komponierten Abend gab es verdient Begeisterung und Jubel vom Publikum. Weitere Abende sollen folgen.