Hamburg. Die Sopranistin krönt Petr Popelkas erstes Engagement als Gastdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters. Eine Kritik.

Was für eine Freude, den künftigen Chefdirigenten des Radio-Sinfonieorchesters Prag, Petr Popelka, bei seinem ersten Engagement als Gastdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchester erleben zu dürfen. 2019/20 war der Tscheche ja schon einmal als erster Conductor Fellow in Hamburg, sodass man zwischen ihm und dem Orchester vom ersten Takt an ein gegenseitiges Vertrauen spüren konnte.

Gleich nach dieser Zeit wurde Popelka Chefdirigent des Norwegischen Rundfunkorchesters und leitet heute Weltklasseorchester wie auch die Sächsische Staatskapelle Dresden, mit der er im Juli Dmitri Schostakowitschs frühe Oper „Die Nase“ an der Semperoper in der Regie von Peter Konwitschny herausbringen wird.

Ausschnitte aus Opern spielten bei seinem Auftritt am Sonntag mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester dann auch gleich eine herausragende Rolle. Schon die Ouvertüre zu Carl Maria von Webers Oper „Oberon“ mit dem herrlichen Solo-Horn-Auftakt, garniert von zwitschernden Flöteneinwürfen und einer sonoren Streicheruntermalung, erst echt aber der Überraschungsschlag vorm Übergang der langsamen Einleitung zum Allegro con fuoco zeigten die ganze Frische und Lebendigkeit, die er dem Orchester zu vermitteln imstande war.

Christiane Karg sorgt in der Elbphilharmonie für den Höhepunkt

Das galt später auch für die Ouvertüre und das Venusberg-Bacchanal aus Richard Wagners Oper „Tannhäuser“. Nicht zu breit und bedeutungsschwer ließ er zu Beginn die tiefen Streicher auf die Horngruppe antworten, verlor bei den großen Ausbrüchen und bei der auskomponierten Ekstase des „Venusbergs“ nicht an Kraft und Intensität. Popelka hat ein ebenso sicheres Händchen für dramatische Steigerungen wie für schillernde Orchesterfarben.

Das kam auch in den beiden Sätzen Scherzo und Finale aus einer nicht vollendeten Sinfonie des Wagner-Bewunderers Hugo Wolf zur Geltung, die Popelka mit Witz und Sinn für Ironie leitete. Ein rhythmischer Paukenakzent und blitzende Piccolosoli von Jürgen Franz setzten diese unterhaltende, noch ganz an Mendelssohn Bartholdys Vorbild orientierte Musik in Gang.

Für einen weiteren Höhepunkt sorgte schließlich die Sopranistin Christiane Karg in Gustav Mahlers Rückert-Liedern, jenem Zyklus, in dem Mahlers pessimistisch-gebrochene Weltsicht noch nicht so scharf ausgeprägt war. Karg sang das Lied „Um Mitternacht“ mit den Arpeggien der Soloharfenistin Anaëlle Tourret und dem aufblühenden Orchester so berührend in sich gewandt, dass man beim Lauschen die Augen schließen mochte.