Hamburg. Connor feiert Tourabschluss in der Barclays Arena mit 9000 Fans: Eine Glücksblase mit klaren Ansagen und einem Promi zum Schluss.
Die Zeiten für Licht- und Tontechnik-Fachkräfte, Livecrews und Session- und Tour-Musiker und -Musikerinnen sind trotz des wieder anziehenden Konzertgeschäfts immer noch nicht rosig. Da ist es schön zu sehen, wenn sich Popstars reinhängen, um ihren Teams unter die Arme zu greifen. So sammeln Revolverheld, Antje Schomaker, Bosse, Cäthe und 40 weitere große und kleine Namen am Donnerstag in der Bullerei zum dritten Mal beim Benefiz-Jam „All Hands On Deck“ Spenden für Kulturmenschen in Not (und für die Ukraine).
Und gleichzeitig steht Sarah Connor in der Barclays Arena auf der Bühne und hat offensichtlich die Einnahmen aus 9000 verkauften Tickets investiert, um ihr halbes Telefonbuch auf die Bühne zu stellen.
Sarah Connor: Ex-ESC-Kandidatin in Hamburg dabei
Eine große Band mit sechs Musikern steht hinter der Berliner Sängerin mit Wurzeln in Niedersachsen, und dazu kommen nicht drei, nicht vier, sondern acht Background-Sängerinnen und -Sänger. Mit dabei ist auch Ann Sophie, die Hamburger ESC-Kandidatin von 2015. Das ganz große Besteck für eine ganz große Show. Doch zuerst steht Sarah Connor bei „Keiner pisst in mein Revier“ alleine in zwei Lichtkegeln in den ukrainischen Farben Blau und Gelb. „No war“ steht in großem Lettern auf ihrem T-Shirt. Eine klare Ansage.
Maskenpflicht in der Barclays Arena aufgehoben
Auch die Botschaft im zweiten Lied „Hör auf deinen Bauch“ ist deutlich: „Steh auf, sing laut!“. Das lassen sich die 9000 Fans nicht zweimal sagen. Der Innenraum ist nicht bestuhlt, und die Maskenpflicht ist der aktuellen 2G+-Verordnung entsprechend das erste Mal seit Pandemiebeginn in der Barclays Arena aufgehoben. Gut ein Fünftel des Publikums möchte trotzdem jedes Risiko minimieren und behält die Masken lieber auf.
So viele Menschen auf einem Haufen in geschlossener Halle und wenig Platz, um in den Sitzreihen Reise nach Jerusalem zu spielen, das hinterlässt wohl bei nicht wenigen Besuchenden, viele davon laut Connors Saalumfrage das erste Mal seit zwei Jahren wieder auf einem Konzert, ein mulmiges Gefühl.
Sarah Connor: "Willkommen in unserer Glücksblase"
„Willkommen in unserer Glücksblase. Ich bin total überrascht und super glücklich, dass ich in so viele Gesichter schauen kann“, sagt Sarah Connor zur Begrüßung und hebt auch noch mal ihre komplette Crew bis zu Küche und Tourbus hervor. „Entschuldigt, dass ich zwei Jahre zu spät komme, ist eigentlich nicht meine Art“, scherzt sie. Ihre Laune beim Abschluss ihrer erfolgreichen Tour steckt direkt an.
„Kleinstadtsymphonie“, „Halt mich“, „Ruiniert“ und „Unter alten Jacken“ werden mitgesungen und von Hunderten Handy-LEDs ausgeleuchtet. Der harte Kern der Connor-Ultras direkt am Bühnenrand zaubert immer neue Choreos aus dem Ärmel mit Luftballons, aufblasbaren Winkehänden, einem auf die Bühne geworfenen BH und kiloweise Konfetti: „Für Konfetti hatte ich kein Geld mehr, dafür habe ich die da“, erklärt Sarah Connor lachend.
Klare Ansagen gegen „Despoten und AfD-Idioten“
Man darf es tatsächlich Glücksblase nennen, was sie in der Barclays Arena auf der Bühne präsentiert, wobei vor allem ihr nahezu perfekter Gesang sowohl bei voller Bandbegleitung als auch bei kleinen Akustiksets wirklich beeindruckt. Aber trotzdem gehört sie zu den großen Namen im Pop-Mainstream, die nicht nur 150 Minuten lang eine heile Welt vorgaukeln wollen.
Sie erzählt von Angststörungen und Depressionen, die sie und auch Menschen in ihrem Umfeld jahrelang begleitet haben. Und auch kritische Worte über Kriegstreiber und Nationalisten scheut sie nicht, weder in ihren Ansagen noch in Songtexten wie in „Ruiniert“: „Alle Bomben, Panzer und Despoten, und AfD-Idioten, mein Herz kriegt ihr nicht.“
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Nicht wenige dürften Sarah Connor als Künstlerin und Persönlichkeit weiterhin unterschätzen. Die Lieder aus der Frühphase ihrer Karriere wie „From Sarah With Love“ oder die als langes Medley präsentierten „The Impossible Dream“, „Music Is The Key“, „Bounce“ und „From Zero To Hero“ sind natürlich Gebrauchspop der Nullerjahre. Und ihr Stilwechsel zu Deutschpop mit den Alben „Muttersprache“ (2015) und „Herz Kraft Werke“ (2019) kam genau richtig für alle, die auf eine weniger glatt gebügelte, geerdete Helene Fischer warteten.
Sarah Connor spielt viele Zugaben
Aber sie macht das gut, die Show lässt keine Wünsche offen, und Zeit für schlagfertige Sprüche und spontane Reaktionen zum ausgelassen feiernden Publikum nimmt sie sich viel.
Vier Zugaben und ein Gastauftritt von Johannes Oerding beschließen einen emotionalen Konzertabend. Es ist, um einen ihrer Songtitel aufzunehmen, eine Show wie „Freibadpommes“. Und das ist nicht abwertend gemeint. Denn wie heißt es im Film „Absolute Giganten“: „Mal heiß, fettig, kalt, labbrig, knusprig, egal – irgendwie immer geil. Ich glaub jeder mag Pommes – jeder.“