Hamburg. Die Sopranistin begeistert das Publikum im Kleinen Saal der Elbphilharmonie und rührt mit einem fulminanten Finale fast zu Tränen.
Sanft und leise pulsiert das Klavier, zart und ganz klar setzt die Stimme ein. Ein Träumer sitzt auf einem Hügel, genießt den blauen Himmel und ein laues Lüftchen. Er denkt bei dieser Frühlingsstimmung an seine Liebste, an vergangenes Glück, und auch an Leid.
Schlicht und anrührend beginnt Regula Mühlemann ihr Elbphilharmonie-Recital mit Schuberts wehmütig-melancholischem Lied „Im Frühling“. Ihre Stimme klingt hell, jung und frisch. Man hört eine Technik, von der andere nur träumen. Dazu die sympathische und bescheidene Ausstrahlung. Und das Brennen für die Musik. Regula Mühlemann kommt auf die Bühne und gewinnt die Herzen. Die schweizerische Sopranistin (36) und ihre fantastische Partnerin am Klavier, Tatiana Korsunskaya, werden im Kleinen Saal gefeiert.
Für die Schubert-Lieder passt die frische Stimme perfekt
Aber Virtuosität kann die Sängerin aus Luzern auch. Eine der Zugaben ist der „Frühlingsstimmen Walzer“ von Johann Strauß, versehen mit einem Text von Richard Genée. Da zwitschern und gurren Lerche und Nachtigall, was das Zeug hält. Und Regula Mühlemann zeigt die unglaubliche Flexibilität ihres Soprans.
Schubert, Schumann, Mozart stehen auf dem Programm mit dem Motto „Frühlingsstimmen“. Eine wohl dosierte Mischung aus grübelnder Innenschau und quirlig-überschäumendem Musizierspaß, ideal für die lyrische und bewegliche Stimme. Dabei wirkten die acht Schubert-Lieder im Ganzen stimmiger als die Schumann-Lieder. Die freudige Aufregung in Schuberts „Die Blumensprache“ oder das neckische „Der Knabe“, dann immer wieder der Schwenk zu introvertierten Liedern wie „Die Liebende schreibt“: Dafür passt die frische Stimme einfach perfekt.
- Elbphilharmonie: Wenn Töne zum Feuerwerk aus Farben werden
- Cleveres Etikettenflunkern in der Elbphilharmonie
- Elbphilharmonie: Wagner-Wonnen und Orchester-Glücksmomente
Schlicht und berührend: Die „Rosenarie“ aus „Figaros Hochzeit
Für die späteren Schumann-Lieder könnte man sich mehr Körper und Grundierung im Klang vorstellen, auch mehr Farbschattierungen. Da klingt das Neckische in Schumanns „Schneeglöckchen“ etwa zu ähnlich wie Schubert. Man wünscht sich, die typisch Schumannsche Unruhe mehr zu hören, die den immer wie gewollt wirkenden Überschwang in Frage stellt. Sehr authentisch, mit Intensität dagegen das nachdenkliche „Lied der Suleika“ oder „Der Himmel hat eine Träne geweint“.
Dass sich die Opernhäuser zur Zeit um Regula Mühlemann reißen – sie ist gefragt in Berlin und Paris, Wien und Salzburg –, versteht man beim fulminanten Finale des Abends mit drei Mozart-Arien. Tatsächlich scheint sich die Sängerin in der Oper mehr zuhause zu fühlen. Da kommen einen fast die Tränen, wie anmutig, wie schlicht und berührend Regula Mühlemann die bekannte „Rosenarie“ aus „Figaros Hochzeit“ singt und danach die weniger bekannte Arie von den „schmeichelnden Lüften“ aus „Idomeneo“. Grandios, mit welcher Leichtigkeit sie zum Abschluss die Koloraturen-gespickte Konzertarie „Schon lacht der holde Frühling“ serviert, was nur noch getoppt wird durch die Stimmakrobatik in der Zugabe mit Johann Strauß‘ „Frühlingsstimmen Walzer“.