Hamburg. Vier Klangfarben Frankreich hatte das NDR Elbphilharmonie Orchester mit Ingo Metzmacher und Pierre-Laurent Aimard zu bieten.

Synästhet hätte man sein müssen. Mit der Fähigkeit, Töne unmittelbar als Farben hören zu können, wäre dieser Abend garantiert ein bombastisches, rezeptfrei berauschendes Feuerwerk aus Farben, ihren Harmonien und den hineinkomponierten Schall-Wellenbewegungen gewesen. Denn wann immer Ex-Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher für ein Konzert – ob nun mit den Philharmonikern oder dem NDR Elbphilharmonie Orchester – zurückkehrt, legt er sich sehr Spezielles ganz nach seinem Geschmack raus.

Diesmal waren es zweieinhalb Generationen französische Klang-Maler, deren Fantasie sich im bunt schillernden Umgang mit Tönen und ihren formgebenden Bestandteilen austobte. Und mit dem Pianisten Pierre-Laurent Aimard wusste Metzmacher in der Elbphilharmonie einen Fachmann an seiner Seite, den so schnell nichts aus dem 20. Jahrhundert einschüchtern oder gar ausbremsen kann.

Metzmacher war der ausführende Architekt dieses Chaos

Bei Messiaens Orchester-Frühwerk „Les Offrandes oubliées“ zeigte der Untertitel „Méditation symphonique“, wie vergeistigt und spirituell sie angelegt war, die später oft verfeinerte Handschrift war bereits erkennbar. Klangschichten, die sich regenbogenartig übereinanderlegten und dennoch weiter durchschimmerten, dazu schon dort der typische Messiaen-Sound aus ätherisch wabernden Streicherwölkchen, die sich wie üppige Weihrauchschwaden verzückt ins Himmlische bewegten.

Messiaens Schüler Tristan Murail dagegen hört und forscht in seiner Musik eher ins Innere der Strukturen. Sein Klavierkonzert „Le Désenchantement du monde“, zehn Jahre jung, verschmolz den Solo-Part des Flügels mit den eruptiven Ereignissen des Orchesterklangs. Alles entwickelt sich aus allem, es wuchert und schichtet sich, fällt ineinander und bäumt sich organisch blubbernd wieder auf, wie die bunten Blasen in einer Lavalampe. Metzmacher war der zuverlässig ausführende Architekt dieses Chaos, wieder und wieder half er dem Orchester dabei, sich nicht in dieser amorphen Masse zu verlieren. Aimard spielte mit und spielte und alles wirkte ganz einfach. Das anstrengendste, entspannendste Stück des Abends, früher wohl garantiertes Kassengift, jetzt begeistert vom Publikum akzeptiert und gewürdigt.

Klassisch klangmalerisch und synchron maritim endete dieser Abend, mit Ravels „Une Barque sur l’océan“ als einleitendem Beiboot und Debussys „La Mer“ als fein skizziertes, effektverströmendes Breitwand-Klanggemälde, mit Metzmacher als Steuermann, der das Ruder jederzeit sicher im Griff hatte.

Das Konzert wird am 27. März um 18 Uhr wiederholt.