Hamburg. Die Junge Deutsche Philharmonie überzeugte im Hamburger Konzerthaus. Slobodeniouk brachte das Spiel des Ensembles zum Blühen.
Eine Kuppel ist es, die sich da in den imaginären Raum wölbt. Eine Kuppel in A-Dur. Immer neue Stufen treten zu den silbrigen, hohen Dreiklängen der Geigen dazu, die Stimmen verzweigen sich, es ist, als stünde an einem milden Frühjahrsmorgen die Luft still. So klingt Wagners „Lohengrin“-Vorspiel, wenn sich die Obertöne so innig verbinden können wie bei der Jungen Deutschen Philharmonie im Großen Saal der Elbphilharmonie.
Weil die bis acht verschiedenen Geigenstimmen sich nicht nur über die Tonhöhe mühelos einig sind, sondern auch über den Anteil an Vibrato, Bogeneinteilung und über den inneren Puls. Alles geschieht aus einem inneren Atem heraus. Und als der Dirigent Dima Slobodeniouk die Holzbläser dazuwinkt und dann nach und nach das ganze Orchester, führen die Beteiligten dieses gemeinsame Atmen und Sichhingeben einfach fort. Zum Versinken. Was für ein Entrée.
Konzertkritik: Cellokonzert 2017 entstanden
Stupendes Niveau, Frische und Werkfaszination, diese Mischung ist typisch für Elite-Nachwuchsensembles, wie die Junge Deutsche Philharmonie eines ist. Noch unbelastet von Wirtschaftlichkeitsfragen und Dienstplänen, bohren sie bei ihren Arbeitsphasen ganz dicke Bretter. Wie auch beim Cellokonzert von Esa-Pekka Salonen zu hören ist.
2017 entstanden, steckt es voll impressionistischer Stimmungsbilder und Farbnuancen. Man fühlt sich wie im Urwald. Die Führung durch die überbordende Vegetation übernimmt der Solist Nicolas Altstaedt mit seinem phänomenalen Cello. Alles klingt nach Leben in diesem Stück, nach Schöpfung, und das ist in diesen Zeiten reiner Seelenbalsam.
Konzertkritik: Möwenschwarm verwand im Himmel
Obendrein vervielfacht sich Altstaedt immer wieder. Salonen baut nämlich elektronische Loops ein, wodurch ein Motiv, vom Cello einmal eingespielt, sich im Raum ausbreitet. Der Live-Elektroniker Lukas Nowok beweist hier ein traumwandlerisches Gespür fürs Timing. Am Schluss lassen er und Altstaedt einen ganzen Möwenschwarm in den Himmel verschwinden. Ein hinreißender Effekt, zugleich ein Moment von schockierender klanggewordener Einsamkeit.
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Slobodeniouk brennt nichts an. Auch durch die üppige, dichtgewobene sinfonische Dichtung „Pelleas und Melisande“ von Schönberg – ein noch der Spätromantik verhaftetes Werk von 1903 – eskortiert er die Musiker mit klaren, vollkommen uneitlen Gesten und bringt ihr Spiel zum Blühen. Wie das der jungen Englischhornistin oder des Solobratschers, die den Protagonisten der traurig-düsteren Liebesgeschichte herzzerreißend menschlich aus der Seele zu sprechen scheinen. Ganz großes Orchesterglück, dieser Abend.