Hamburg. Bereits 2019 sollte “Die Vermessung der Welt“ im Hamburger Puppentheater gastieren. Wie die Puppenspieler überzeugten.

Bereits 2019 sollte das Gastspiel „Die Vermessung der Welt“ nach dem Erfolgsroman von Daniel Kehlmann im Hamburger Puppentheater gastieren. Dann kam dem Theater Korona eine Pandemie ähnlichen Namens dazwischen. Doch das Warten hat sich gelohnt.

Frank Schenke und Ralf Kiekhöfer sind zunächst als Naturforscher Aimee Bonpland und Mathematiker-Sohn Eugen Gauß selbst auf der Bühne zu erleben. In den Stürmen des Atlantiks stranden sie auf einer Insel. Bonpland will zurück nach Europa. Gauß wurde Deutschlands verwiesen und sucht den Weg nach Amerika. Schnell offenbaren sie ihre Komplexe.

So lief "Die Vermessung der Welt" im Hamburger Puppentheater

Bonpland sieht sich nach gemeinsamen Expeditionen im Schatten Alexander von Humboldts, dessen Obsession es war, an der Schwelle vom 18. Zum 19. Jahrhundert Maß an die Welt zu legen und ihre letzten Geheimnisse zu ergründen. Gauß leidet an der Übermacht seines Vaters Carl Friedrich Gauß, eines großen Mathematikers. Mit großer Spiel-Lust stürzen sich Kiekhöfer und Schenke in ihre Rollen, die sie mit Hilfe verschiedener Figuren zu einem Duell von Übervater und Überforscher formen.

Die Wissenschaftler treten dabei als große graue Köpfe mit trüben Augen auf. Doch ihre kluge Rede wird immer wieder von Abenteuern unterbrochen, in denen von Humboldt sich mit Bonpland durch den südamerikanischen Dschungel schlägt, den Orinoko befährt, und sogar den Berg Chimborazo besteigt. Carl Friedrich Gauss ist von schwacher Gesundheit und verlässt deshalb seinen Schreibtisch so gut wie nie, was ihn aber nicht an brillanten Erkenntnissen in der Mathematik und Astronomie gehindert hat.

Sanfte Spur der Ironie zu erkennen

Eine sanfte Spur der Ironie zieht sich durch alle heraufbeschworenen Bilder, die durch den Gebrauch von großen Masken aber auch kleinen Figuren bis hin zu Fingerpuppen immer wieder mit Raffinesse gebrochen werden. Mit verblüffender Einfachheit sorgen Klänge von Meeresrauschen, Hufgetrappel oder pfeifenden Winden für wechselnde Szenerien. Sparsame, wandlungsfähige Requisiten, die in Sekunden Umbauzeit aus einfachen Holzkisten entstehen, gehen immer neue, aufregende Verbindungen ein. Da wird ein Fluss samt Fischen auf ein Transparent projiziert. Eine neue Affenart klettert als Puppe fröhlich über die Zelte der Wissenschaftler.

Aufs herrlichste entlarven die beiden Spieler dabei die Besessenheit aber auch die Anmaßung und gleichzeitige Weltfremdheit der Wissenschaftler. Von Humboldt glaubt mit all den erlangten Zahlen nicht nur die Welt beherrschen zu können, er verfolgt den ultimativen Traum, die Endlichkeit zu überwinden. Gauß wiederum, ein deutlich weniger weltgewandter, menschenscheuer Melancholiker, entdeckt allein in seiner Kammer, dass jede noch so exakte Formel nicht hilft, das Wesen der Dinge wirklich in ihrer Tiefe zu erfassen.

Ein kurzweiliger Abend, der mit immer neuen szenischen und spielerischen Überraschungen begeistert und daran erinnert, dass gerade in einfachen Mitteln ein Zauber stecken kann. Und in den Figuren sowieso.

„Die Vermessung der Welt“ Sa 19.3., 19.30 Uhr, Hamburger Puppentheater, Bramfelder Str. 9, www.hamburgerpuppentheater.de