Hamburg. Im Rahmen der Reihe „Jazz Piano“ war das Trio in der Laeiszhalle zu erleben. Es brauchte einen Moment, um sich einzuhören.

Dass das Publikum im Konzertsaal FFP2-Masken trägt, ist inzwischen – und wer weiß, wie lange noch? – ganz normal. Dass die Künstler auf der Bühne auf Nummer supersicher gehen, hingegen eine Ausnahme. Zumal wenn die Abstände zueinander groß sind und weder gesungen noch geblasen wird. Vielleicht lag es also an der kaum erkennbaren Mimik, dass Pianist Vijay Iyer, Bassist Matt Brewer und Schlagzeuger Jeremy Dutton beim ihrem Auftritt im Kleinen Saal der Laeiszhalle anfangs leichte Abstimmungsschwierigkeiten hatten.

Oder speiste sich dieser Eindruck aus dem Vergleich von CD- und Live-Klang? Mit seinem Trio (im Aufnahmestudio waren es Bassistin Linda May Han Oh und Schlagzeuger Tyshawn Sorey) hatte Vijay Iyer im vergangenen Jahr das Album „Uneasy“ veröffentlicht, ein audiophiles Meisterwerk, produziert von ECM-Labelchef Manfred Eicher. Auf ihm klingt alles extrem ausgewogen, deckt nie ein Instrument ein anderes zu, sondern ist klangliche Balance das Maß aller Dinge.

Vijay Iyer in der Laeiszhalle: Die Dynamik stand im Vordergrund

In der Laeiszhalle hingegen dominierte am Dienstagabend zunächst das Schlagzeug, brauchte es eine Weile, um sich einzuhören. Um zu verstehen, dass eine melodische Nummer wie „Children Of Flint“ hier nur der Ausgangspunkt für eine 20-minütige Interpretation sein sollte, bei der nicht die Songstruktur sondern die Dynamik des Trios im Vordergrund stand.

Wer sich darauf einließ, erlebte in der Folge ein tatsächlich mitreißendes Konzert, bei dem mit „Drummer’s Song“ auch eine Verbeugung vor der 2017 gestorbenen US-Pianistin Geri Allen zu hören war. Ganze fünf Stücke gab es binnen knapp zweier Konzertstunden, als Zugabe eine Version von „Night & Day“, bei der der Cole-Porter-Klassiker natürlich recht frei interpretiert wurde.

Vijay Iyer: Viel weiter kann man von Starallüren kaum entfernt sein

Am Ende großer Applaus und ordentlich Andrang am Verkaufstresen im Foyer, den Vijay Iyer vorab mit den Worten beworben hatte, er werde auf Wunsch auch „meinen Namen auf die Tonträger schreiben“. Ein reizender Moment der Selbstironie in Sachen Promi-Status, viel weiter kann man von Starallüren kaum entfernt sein.