Hamburg. Das Ensemble Voces Suaves betörte gemeinsam mit den Streichern und der Continuogruppe der Akademie für Alte Musik Berlin.
Was für eine schöne Idee! Und welch berückende Wirkung. Für die letzte Strophe der Arie „Ach, wie sehnlich wart‘ ich der Zeit“ von Johann Michael Bach gesellen sich zwei Kolleginnen zur Solistin Viola Blache. Die drei Soprane stehen mit ein paar Metern Abstand vorne auf der Bühne der Laeiszhalle, sie singen von dort wie aus einer Kehle und mit einem Atem. Ganz schlicht und wunderbar anrührend.
Ein beglückender Moment, der das Versprechen des Ensemblenamens Voces Suaves einlöst. Die zwölfköpfige, in Basel gegründete Formation präsentiert wirklich „sanfte Stimmen“, überwiegend schlank und vibratoarm – zu erleben in verschiedenen Besetzungen, im Solo, im Tutti, oder auf Quartette verteilt.
Gemeinsam mit den Streichern und der Continuogruppe der Akademie für Alte Musik Berlin stöbern die Voces Suaves im Altbachischen Archiv: einer Sammlung handschriftlicher Noten aus dem Nachlass des großen Johann Sebastian, in dem er von ihm besonders geschätzte geistliche Werke aufbewahrt hat. Darunter eine Reihe von Kompositionen aus seiner weit verzweigten Familie, einer bedeutenden Musikerdynastie.
Konzert in der Laeiszhalle fördert einige Schätze zu Tage
Das Konzert fördert einige Schätze zu Tage, wie den eingangs erwähnten Abschiedsgesang von Johann Michael oder die Motette „Fürchte Dich nicht“ von Johann Christoph Bach, die mit schmerzlich-süßen Harmonien eine Vision vom Paradies beschwört. Der Tod als willkommene Erlösung vom irdischen Leid: diese in der kriegsgeplagten Zeit des 17. Jahrhunderts durchaus übliche Sicht prägt auch die Arie „Nun ist alles überwunden“ von Adam Drese. Eine der großen Entdeckungen des Abends, von den Voces Suaves und der Akademie für Alte Musik im ständigen Blickkontakt wunderbar innig und textsensibel interpretiert.
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Die beiden Ensembles ergänzen das Repertoire aus dem Altbachischen Archiv um Werke von Komponisten wie Dietrich Buxtehude, Johann Rosenmüller oder Johann Pachelbel. Dass dessen Klassik-Hit „Kanon und Gigue“ – eins von drei rein instrumentalen Stücken – nicht ganz so hypnotisch wirkt, wie es möglich wäre, dass die Akademie für Alte Musik auch sonst nicht immer ein Maximum an Esprit versprüht, gehört zu den wenigen Freudendämpfern des Konzerts.
Ensemble Voces Suaves in der Laeiszhalle: Beglückende Momente
Ebenso wie die heikle Frage der Balance, die vielleicht ohne einen Dirigenten oder eine Dirigentin auch noch etwas schwerer zu lösen ist. Wenn die Vokalstimmen hinter dem Orchester stehen und einzeln singen, fällt es ihnen jedenfalls mitunter schwer durchzudringen, zumindest gegen die volle Instrumentalbesetzung. Nicht alle Mitglieder der Voces Suaves erreichen dieselbe solistische Qualität wie etwa die Sopranistin Viola Blache oder der Altus Jan Thomer.
Auch in seinem Auftritt, mit Johann Christoph Bachs „Ach, dass ich Wassers gnug hätte“, hätte das Orchester noch feinohriger begleiten können. Trotzdem machte Thomer den Klagegesang mit seiner Ausdruckskraft und Hingabe zu einem ergreifenden Höhepunkt des Abends, der barocke Affekte mit sanfter Stimme lebendig werden ließ.