Hamburg. Das Salzburger Spitzenensemble erkundete in der Hamburger Laeiszhalle eine Fülle von Graustufen – und reizte die fahlen Farben aus.

Dieser Zustand, wenn über allem ein dunkler Schleier zu liegen scheint: Den hat Dmitri Schostakowitsch oft in Töne gefasst. Sie erzählen von der Seelenfinsternis, von einem System, in dem das Lebensglück des Einzelnen kaum eine Rolle spielt. Die Botschaft stammt aus der Vergangenheit, aus der ehemaligen Sowjetunion. Doch sie ist erschreckend aktuell und kann uns heute noch berühren – das hat das Hagen Quartett in der Laeiszhalle eindringlich demonstriert.

Das Salzburger Spitzenensemble erweitert die Idee des Schönklangs und dringt bis in Extreme vor. Gerade in den leisen Passagen. Im düsteren f-Moll-Quartett von Schostakowitsch erkunden die Hagens eine Fülle an Graustufen und Grabesklängen, ihre Instrumente sprechen mit eisiger Stimme, aber auch mit einer Trauerschwere, die den Fortgang lähmt. Jeder Versuch, wenigstens kurz Gesten des Frohsinns anzudeuten, bricht wieder ab. Dafür reicht die Kraft einfach nicht.

Konzertkritik: Hagen Quartett reizt die fahlen Farben aus

Das Hagen Quartett hat den Mut und die technischen Möglichkeiten, diese fahlen Farben auszureizen – und sich im nächsten Stück, dem Des-Dur-Quartett, in zwölftönige Schärfen zu verbeißen. Einsame Triller, nahe am Steg gespielt, fräsen Spuren der Angst in die Stille. Und ein wiederkehrendes Motiv der Oberstimmen, mit Dämpfer gespielt, erinnert an eine Trauerprozession. Beklemmend. Keine Hoffnung, weit und breit.

Anders als im Rosamunde-Quartett von Schubert, nach der Pause. Mit raschen Tempi und explosiven Akkord­brechungen widerspricht das Ensemble dem gängigen Bild des Stücks. Da ist ein echtes Aufbegehren zu spüren. Auch hier, bei Schubert, finden die Streicher wunderbar zarte Flüsterklänge.

Konzertkritik: Menuett vereint Wehmut und Schwung

Aber in der Verletzlichkeit schwingt oft eine Süße mit. Besonders berückend im Menuett, das Wehmut und sanften Schwung vereint, wie es vielleicht nur Schubert gelingt. Einer von vielen Höhepunkten des Konzerts, das wie für die aktuelle Lage komponiert wirkte und hinter dem dunklen Schleier hier und da auch ein tröstliches Licht durchschimmern ließ.