Hamburg. Das Trio Sigurðsson/Pioro/Byrne geht mit dem Publikum auf eine musikalische Reise. Einer lässt sich aber erst mal auf den Boden fallen.
Zu dritt kommen sie auf die Bühne des Kleinen Saals der Elbphilharmonie, Liam Byrne lässt sich erst mal in einer Ecke auf den Boden fallen. Valgeir Sigurðsson geht auf bloßen Sohlen mit leise verschmitztem Lächeln hinter seine Gerätschaften. Bald entlockt er ihnen sanft schwebende, fast hingehauchte Klänge.
Das ungewöhnliche Trio Sigurðsson/Pioro/Byrne bestehend aus dem isländischen Produzenten und Elektronik-Experten Valgeir Sigurðsson, dem Violinisten Daniel Pioro und dem Gambisten Liam Byrne zelebriert bei seinem Auftritt eine mitunter sakral wirkende musikalische Zeitreise.
Elbphilharmonie: Höchste Konzentration und rumpelnde Sounds
Sie führt dank des tief in der Musik des 16. Jahrhunderts verwurzelten Byrne weit zurück in die Vergangenheit und verbindet sich dabei mit rumpelnden Sounds und mal knarzenden, mal glockenhellen Klängen und der Virtuosität der Violine zu einem auf und ab wogenden Klanggebilde. Byrne streicht mit geschlossenen Augen zärtlich über die Saiten seiner außergewöhnlich verzierten Viola da Gamba. Er gilt als einziger Musiker weltweit, der auf diesem Instrument sowohl Alte Musik als auch zeitgenössische Experimente und Pop beherrscht.
Je weiter der Abend voranschreitet, umso mehr entlockt er ihr auch die verrücktesten Improvisationen, etwa in seiner Komposition „Suspensions and Solutions: Part 1 (Alex Mills)“ für Viola da Gamba und Hall. Auch der hochvirtuose Daniel Pioro spielt häufig mit geschlossenen Augen und höchster Konzentration.
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Sein episches Stück „Dust“, in dessen Verlauf er sein Instrument derart traktiert, dass gleich zwei Saiten reißen, ist ein früher Höhepunkt des Abends. Es beginnt ganz zart, entwickelt sich dann aber zu mitreißender Klangüberwältigung. Melodien schrauben sich empor und steigern sich zu einer zerklüfteten Soundlandschaft.
Vom stotternden Motor zum Plätschern eines Bachs
Valgeir Sigurðsson wiederum bewegt sich rein äußerlich wenig, dreht mal hier, mal da an einem Knopf. Dabei entstehen mal Geräusche, die wie ein stotternder Motor klingen, dann wieder wie das sanfte Plätschern eines Bachs.
Werke aller drei Musiker kommen zu Gehör. Allesamt sind sie erschienen auf Valgeir Sigurðssons kleinem feinen Label Bedroom Community. Der Labelbetreiber selbst setzt mit „Dissonance“, einer Mozart-Dekonstruktion einen furiosen Schlusspunkt. Er erweist sich einmal mehr als Stifter eindringlicher musikalischer Komplizenschaften. Als Zeremonienmeister einer Musik, die die Barrieren zwischen zeitgenössischer Klassik und sanftem Pop einreißt. Ein musikalisches Erweckungserlebnis.