Hamburg. Das Orchester aus Budapest war für die St. Petersburger Philharmoniker eingesprungen – und bekundete Solidarität mit der Ukraine.
Kein Künstler, kein Ensemble lässt es sich derzeit nehmen, Anteilnahme mit den Menschen in der Ukraine zu bekunden. Meist wird die ukrainische Nationalhymne gespielt. Das Budapest Festival Orchestra, eingesprungen für die St. Petersburger Philharmoniker, unter seinem Chefdirigenten Iván Fischer wurde beim Elbphilharmonie-Gastspiel kurzerhand zum Chor und sang mit warmem Wohlklang ein ukrainisches Volkslied, den Dialog einer Mutter mit ihrem Sohn, der in den Krieg zieht. Das war berührend.
Ein wenig harsch dann der Übergang zur spritzigen Ouvertüre von Smetanas „Verkaufter Braut“. Vielleicht geriet das mit folkloristischen Anklängen nur so gespickte Stück deshalb ein bisschen gehetzt und angespannt. Danach, beim Violinkonzert von Tschaikowski und nach der Pause bei Rimsky-Korsakows „Scheherazade“-Suite fanden die Budapester besser zu einem ausgewogenen Klang.
Elbphilharmonie: Budapest Festival Orchestra – leise Facetten mit Intensität
In Tschaikowskis D-Dur Violinkonzert „drehte“ Dirigent Iván Fischer bei den Orchester-Passagen geradezu schwelgerisch auf, mit großen Gesten wurde der Klang voluminös, blieb aber durchsichtig. Solist war der junge Österreicher mit armenischen Wurzeln Emmanuel Tjeknavorian. Bei seinen ersten Tönen horchte man sofort auf. Aus seiner Stradivari von 1698 holte er einen intensiven, weittragenden Sound heraus. Er hatte dazu eine innere Ruhe und Anmut, mit der er Tschaikowskis so glutvolle Melodien zwingend formte.
Das hatte viel Kraft, war aber auch eine Art Gegengewicht zu dem zum Schwelgen tendierenden Iván Fischer. Die vielen halsbrecherisch virtuosen Abschnitte in Tschaikowskis Violinkonzert waren für den aufstrebenden gebürtigen Wiener Geiger – der übrigens auch als Dirigent erfolgreich ist – kein Problem, gelangen aber klanglich in den höheren Lagen nicht ganz so überzeugend. Bei diesem Konzert hatten die leisen, zurückgenommenen Facetten des Konzerts mehr Intensität.
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Elbphilharmonie: Iván Fischer erntet mit Orchester viel Jubel
Nikolai Rimsky-Korsakows opulente sinfonische Suite „Scheherazade“ ist ein Paradestück für jedes Orchester. Eine riesige schillernde Besetzung, mächtige Posaunen und anderes Blech blasen das düster-bedrohliche Thema des Sultans, der ja seine Liebhaberinnen nach verbrachter Nacht töten lässt. Nur Scheherazade gelingt es, ihn mit ihren Erzählungen in „1001 Nächten“ zu verzaubern und dem Tod zu entrinnen. Ihre Stimme übernimmt eine kunstvoll verzierte Solo-Violinstimme mit Harfenbegleitung, sie hat mit sphärischen Klängen am Ende das letzte Wort.
Das gefährliche Sultanthema ist ganz leise geworden. Vorher ging die Reise durch die aufwühlenden Abenteuer-Geschichten von zärtlichen Tänzen bis zu gefährlichen (Orchester) Stürmen, die Sindbad, der Seefahrer zu bestehen hat. Iván Fischer erntete mit seinem Orchester viel Jubel.