Hamburg. Gabriele Rossmanith sang meisterhaft im Jungen Forum Musik + Theater an der Musikhochschule. Doch Penelope blieb bis zum Ende gefangen.
Im Oktober des vergangenen Jahres erlebten wir den letzten Auftritt von Gabriele Rossmanith in einer Neuproduktion an der Hamburgischen Staatsoper. „Das Laub fällt auch im Paradies“ hieß die Opera-stabile-Produktion und war so ganz auf die große Sopranistin, Hamburger Kammersängerin und Leiterin des Internationalen Opernstudios zugeschnitten, die damals zum Kummer ihrer Bewunderer auch ankündigte, sich von Bühnenauftritten zum Ende dieser Spielzeit ganz verabschieden zu wollen.
Soweit aber sind wir zum Glück noch nicht, am Donnerstag trat die 66-jährige in einer Premiere des Jungen Forums Musik + Theater an der Musikhochschule Hamburg abermals in einem Stück auf, in dem sie allein im Mittelpunkt stand.
Konzertkritik: Penelope von Nebenrollendasein befreit
Die Dramaturgin Jule Martenson und die Regisseurin Maike Schuster hatten sich in ihrem Musiktheater „Penelope, Die“ zum Ziel gesetzt, die verlassene, von Rossmanith dargestellte Gattin des verirrten Odysseus einmal von ihrem Nebenrollendasein zu befreien. Entstanden ist daraus eine Art Mono-Oper, in der Penelope ihre Geschichte aus weiblicher, ja feministischer Sicht erzählt. Mit Ausnahme einer kleinen Einblendung, in der Mascha Zippel als Anfinomo, Malte Langenbeck als Pisandro und Hagen-Goar Bornmann als Antinoo um die schöne Frau buhlen, ist Rossmanith ganz allein auf der Bühne.
Einsam sitzt sie auf der Bank einer halbgeöffneten Tunnelröhre, die ihre Isolation darstellen soll. Das Totentuch, das sie für ihren Schwiegervater Laërtes webt, wird in Gestalt eines monströsen, watteartigen Gebildes zitiert, das am Ende in Fetzen zerfällt. Martenson und Schuster hatten sich entschlossen, ihr Musiktheater collagenhaft aufzubauen.
Rossmanith sang Arien meisterhaft
Eingeblendete Stimmen, verzerrte, raumakustisch verfremdete Rezitationen verbanden sich mit hochgelungener Neuer Musik, die Laura Livers und Steven Tanoto extra für diese Produktion hinzukomponiert hatten. Den musikalischen Kern des Abends stellten aber Arien aus Opern Claudio Monteverdis, Claude Debussys und Gabriel Faurés dar, die sich alle mit dem Odysseus-Mythos beschäftigen.
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Es war wirklich meisterhaft, wie Gabriele Rossmanith, begleitet von einem großartigen Instrumentalensemble unter Leitung von James Henshaw Arien wie „Di misera regina non terminati mai dolenti affanni“ aus Monteverdis „Il ritorno d’Ulisse in patria“ oder „Mer cruelle, implacables flots“ aus Gabriel Faurés „Pénélope“ sang. Bei aller Bewunderung für die Idee der jungen Macherinnen Martenson und Schuster muss man aber auch sagen, dass das Stück dramaturgisch nicht trägt.
Konzertkritik: Penelope bleibt gefangen
Die Figur der Penelope entwickelt sich nicht, sie bleibt in ihrer Welt gefangen und kann aus der Rolle, die ihr der Mythos nun einmal zugeschrieben hat, nicht wirklich ausbrechen. Es bleibt eben ein „Stück über eine Nebenfigur“, wie die beiden sagen, „ein Stück über eine Wartende“.