Hamburg. Symbolträchtiger Abend in der Elbphilharmonie: Die Bamberger Symphoniker stemmten die „Auferstehungssinfonie“ auf die Bühne.

Es gibt Konzerte, und es gibt politisch symbolische Konzerte. Beethovens Neunte beim G20-Gipfel 2017 gehört eindeutig in die zweite Kategorie. Nun, in einer hoffentlich finalen Phase der Pandemie, nach mehr als zwei Jahren schwerster Beschädigungen des Kulturlebens und unzähliger Seelen, war dieser Abend des 22. Februar 2022 eine weitere politische Zeichensetzung für die Elbphilharmonie-Chronik. Was für ein Timing: Mahlers Zweite, die „Auferstehungssinfonie“, lange geplant gewesen und nicht abgesagt, ausgerechnet am Abend eines Tages, an dem in dieser Stadt deutliche Lockerungsmaßnahmen in Sichtweite kamen.

Eine fünfsätzige Breitwand-Sinfonie über Leben und Tod, Himmel und Hölle, Verzweiflung und Hoffnung. Auch ohne die hier so gern vorgebrachten Hamburgensien im Entstehungsprozess (Inspiration für das Chor-Finale bei einer Trauerfeier im Michel durch einen Klopstock-Choral) zu betonen, wäre keine andere Sinfonie ein so plakatives Bekenntnis zu Optimismus und alles andere überwältigende Zuversicht, über letzte Grenzen hinweg. „Aufersteh’n, ja aufersteh’n wirst du… Hör auf zu beben! Bereite dich, zu leben!“ Wer da nicht tief durchatmen muss, angesichts von allem, was war und noch ist, muss gefühlsstocktaub sein.

Konzertkritik: XXL-Orchester in der Elbphilharmonie

Ein Hamburger Orchester wäre für dieses Signal perfekt gewesen, 2017 hatte der damalige NDR-Chefdirigent Thomas Hengelbrock in diesem für analytische Tiefenschärfe ziemlich idealen Saal mit dem Stück gerungen. Nun aber waren es die Bamberger Symphoniker mit ihrem Chef Jakob Hrůša, der die Herausforderung mit elegant organisierter Selbstverständlichkeit annahm, ohne dabei in die Exzess-Falle zu laufen, die viel Lautstärke zu plumpem Krach verklumpen ließe.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Ein dreistellig besetztes XXL-Orchester auf der Bühne, der rund 70-köpfige, tadellose Rundfunkchor Berlin, zwei Solistinnen, zwei Fernorchester-Gruppen im Backstage-Bereich, die Orgel für das monumentale Es-Dur-Finale – Personal genug für einen mittelständischen Betrieb. Hrůšas Stärke lag klar in der Besinnung auf Wesentliches. Schneidende Rasiermesserschärfe hatte seine Interpretation nicht, das Doppelbödige der Scheinfröhlichkeiten in den Mittelsätzen war Nebensache. Ihm waren die verbindlichen Schönheiten und das dynamisch präzise Zurückschaltenkönnen wichtiger als die Show-Effekte, mit denen Mahler Stimmungswechsel klangbebilderte und Ohrenkino inszenierte.

Konzertkritik: Die Bamberger Solo-Oboe überzeugte

Zu hören waren einige große solistische Leistungen: Die Bamberger Solo-Oboe hatte einen tollen Tag, nicht alles im hohen Blech klang dagegen gänzlich ungestresst, verzeihlich bei diesen Aufgaben. Die beiden Solistinnen konnten nicht ganz mit ihren Herausforderungen Schritt halten: Christina Landshamers stärkster Moment war ihr erster Einsatz im Finale, in dem Mahler den Sopran unerwartet aus dem Chor-Klang herausschweben lässt, engelsgleich, unfassbar.

Katharina Magiera blieb im „Urlicht“-Lied eine erschütterungsarme Stimme, die eindringlich schön die Linie hielt, aber noch nicht die Tiefe hatte, die diese Mezzo-Partie vertragen kann. Und im Finale toste und wölbte sich das Riesen-Tutti mit Pauken, Trompeten, Glocken und Orgel seligmachend der Himmelspforte entgegen.