Hamburg. Marc Minkowski und die Staatskapelle Berlin begeistern mit Schumanns Märchenstunden-Oratorium „Paradies und die Peri“.

Was, bitte, war das denn? Diese Frage dürften sich viele am Ende, nach kurzweiligen knapp 100 Minuten gestellt haben. Und, wichtiger noch: Warum schafft es dieses erlesene Stück, wenn überhaupt, nur alle Jubeljahre auf einen Spielplan? An der musikpoetischen Qualität kann das nicht liegen. Und dass es nicht Sir Simon Rattle (wegen einer OP unpässlich). sondern Marc Minkowski war, der Schumanns lieblich reizendes Märchenstunden-Oratorium „Das Paradies und die Peri“ zu seinem Elbphilharmonie-Debüt verhalf, war Nachteil. Sondern polierte das salonorientalisch angehauchte Stück etwas anders auf als erwartet.

Die Episode aus dem Versepos „Lalla Rookh“ ist aber auch zu apart: Da steht eine Peri, ein gefallener Engel mit altpersischem Mythologievordergrund, vor der Tür zum Paradies, und obwohl sie es mit Mitbringseln versucht, am Wachpersonal vorbei wieder hinein zu kommen, schafft sie es erst im dritten Anlauf, mit den Tränen eines bereuenden Sünders. Hach. Wagner gelang es nicht, diesen Text zu vertonen. Schumann schon.

Elbphilharmonie: Marc Minkowski mit Schumanns „Paradies und die Peri“

Wo Rattle womöglich vor allem die sattromantischen Aspekte von Schumanns Orchester-Behandlung betont hätte, kam durch den Alte-Musik-Spezialisten Minkowski – untrügliches Markenzeichen: gediegen bärige, unautoritäre Gestik am Arbeitsplatz – der erzählerische Schwung zum Tragen. Minkowski widmete sich den plastisch hineinkomponierten Details, als wären sie späte Erbstücke aus einer Barock-Oper, bei denen jede Charakterdarstellung mit feinem Pinsel gestaltet werden sollte.

Nicht nur die Staatskapelle Berlin mitsamt ihrem hauseigenen Chor, auch das gute halbe Dutzend Solistinnen und Solisten hatte gut zu tun. Am anstrengendsten traf es Lucy Crowe, die am Part der Peri auf der Zielgeraden der Geschichte hin und wieder leicht zu verzweifeln schien und in der Höhe verspannte. Wunderbar sanft und mit bester Textverständlichkeit hatte sie im Erzähler-Tenor von Andrew Staples eine subtile Ergänzung. Er deklamierte nicht starr, sondern durchlebte jede Wendung des Plots. Mit Anna Prohaska und Florian Boesch als zwei der supporting singers lief auch unterhalb der Hauptrollen alles bestens glatt.

Aufnahme: „Paradies und die Peri“ Nikolaus Harnoncourt, BR-Sinfonieorchester & -Chor (RCA, 2 CDs ca. 40 Euro)