Hamburg. Das Ensemble Musikfabrik präsentierte im Kleinen Saal der Elbphilharmonie aufregende neue Klänge. Manchmal wurde es chaotisch.
In der Neuen Musik Amerikas werden nahezu alle Stilrichtungen verarbeitet, die wir mit den Vereinigten Staaten so in Verbindung bringen. Der Jazz gehört dazu, die Elektronik, aber auch der Rock und das Filmmusikalische. Die Popmusik wiederum lässt sich umgekehrt etwa von den Minimalisten inspirieren und so entsteht ein ungeheuer lebendiger Organismus frei von allem akademischen Denken.
Einen Eindruck von der Vielfalt amerikanischer Kunstmusik des 20. und 21. Jahrhunderts gab das nordrhein-westfälische Ensemble Musikfabrik als Gast der NDR-Konzertreihe „das neue werk“ am Donnerstag mit „Age of Anxiety – An American Journey“. Der 1992 gestorbene Klangtüftler und -bastler John Cage durfte dabei natürlich nicht fehlen. Sein Stück „Imaginary Landscape No. 1“ für zwei Plattenspieler, Frequenzaufnahmen, gedämpftes Klavier und Becken ist ein Klassiker der Moderne. Benjamin Kobler schlug im Wechsel mit piepsend-geräuschhaften elektronischen Tönen und Beckenwirbeln mit dem Handballen auf die Klaviersaiten im Inneren seines Flügels. So abstrakt all das klingen mochte, so klar durchstrukturiert war diese Komposition aber auch, in der die einzelnen Abschnitte den formalen Aufbau des Werkes auf Anhieb offenlegten.
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Elbphilharmonie: Amerikanische Klangreise mit einem i-Tüpfelchen
Aus den 1920er-Jahren stammt Ruth Crawford Seegers aufreibend emotionale „Music for small orchestra“, deren gespenstische Klangflächen mit bizarren Klavier- und Bläserfiguren im Satz „In roguish humor“ konkurrierten. Auf ein Filmmusikprojekt mit dem Titel „When love hurts - A Tribute to Krazy Kat“ gingen Oscar Bettisons „Animate Objects“ für Ensemble zurück, in dem von Glöckchenklängen zu Beginn bis zu einer chaotischen Kakophonie auch viel Rhythmus und Tänzerisches ins Spiel kam.
Ein wenig irritierend war vielleicht das „Concerto for prepared piano and ensemble“ des Amerikaners Joseph Andrew Lake, der im Kleinen Saal der Elbphilharmonie auch persönlich anwesend war. Ruhige, höchst zerbrechliche Klangflächen im Ensemble und der Solist Ulrich Löffler mit punktuellen Einwürfen erzeugten eine meditative Atmosphäre, in der klangliche und strukturelle Reduktion Programm war. Dass bei Elliott Carters „Double Concerto“ am Ende dann auch noch ein Cembalo zusätzlich zum Klavier gebraucht wurde, setzte der Vielfalt dieser amerikanischen Klangreise noch ein i-Tüpfelchen auf.