Hamburg. Der „Master of Disaster“ Roland Emmerich liefert mit „Moonfall“ einen weiteren Katastrophenreißer ab. Über die Lust am Untergang.
Seit Urzeiten guckt der Mensch in den Mond, besingt ihn, studiert ihn. 1969 hat er auch schon Leute zum Mond geschossen. Und der Erdtrabant bestimmt unser Leben mehr, als wir denken, nicht nur, was die Gezeiten, sondern auch, was unsere Gemüter angeht. Was aber, wenn der Mond zu uns kommen, wenn er auf die Erde stürzen würde? Dieses Szenario malt Roland Emmerich in „Moonfall“ aus.
Der Hollywoodregisseur aus Schwaben versucht sein Glück ja immer mal außerhalb des Katastrophenkinos, sei es mit Werken über Shakespeare oder Stonewall. Doch diese Ausflüge haben ihm nie ähnliche Meriten eingebracht. Und so kehrt der „Master of Disaster“, auch wenn er diesen Beinamen hasst, immer wieder zu seinem ureigenen Terrain zurück und variiert Erfolge wie „Independence Day“.
Kino Hamburg: „Independence Day: Wiederkehr“ floppte
Zuweilen versetzt er sie mit klimapolitischen Botschaften und Warnungen („The Day After Tomorrow“ oder „2021“). Aber da ist auch immer die pure Lust am Untergang – in diesem Fall noch potenziert. Denn wenn der Mond aus seiner Bahn gerät und auf die Erde fällt, gibt es nicht nur eine, sondern multiple Katastrophen. Riesige Tsunamis überfluten die Küsten, Erdbeben und Vulkane reißen den Boden auf. Und am Ende droht der Mond selbst zu zerbersten und trümmerweise die Erde zu durchlöchern. Das alte Kinderlied mit kleiner Textänderung: Der Mond ist abgegangen.
Freilich, die großen Zeiten sind für den mittlerweile 66-jährigen Emmerich vorbei. Und weil selbst seine Fortsetzung „Independence Day: Wiederkehr“ floppte, bekommt er nicht mehr die gigantischen Budgets von einst. Die vielen Katastrophen in „Moonfall“ sollen diese Misere übertünchen, verstärken sie aber eher: Walzte er früher jedes einzelne Desaster genüsslich aus, mit Stars mitten im Chaos, sehen wir jetzt die meisten nur aus dem Fernseher. Oder aus sicherem Abstand.
Emmerich bedient sich an alten Verschwörungstheorien
Auch das Personal reduziert sich auf wenige Figuren: zwei Astronauten (Patrick Wilson und Halle Berry) und ein Nerd (John Bradley) müssen die Welt vom All aus retten, während ihre Angehörigen sich unten auf der Erde durchschlagen.
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Wie in „Independence Day“ (damals ging es um Area 51, wo vermeintlich außerirdisches Leben erforscht wird) beschwört Emmerich auch hier alte Verschwörungstheorien. Bereits im 17. Jahrhundert spekulierte Edmond Halley über einen hohlen Mond, Autor H. G. Wells spann das 1901 im Roman „Die ersten Männer im Mond“ fort. Seither ist die Hollow-Moon-These fester Bestandteil der Science-Fiction. Und auch in „Moonfall“ entpuppt sich der Mond als leere Hülle, in deren Mitte sich außerirdisches Leben verbirgt.
Kino Hamburg: „Moonfall“ ist einfach Popcorn-Kino
Man nehme von allen Theorien die abstruseste, schon hat man einen Aufreger. Emmerich verknüpft das mit einer sanften Kritik an blindem Glauben in Technik und künstliche Intelligenz. Aber das ist sehr vorgeschoben. „Moonfall“ ist einfach Popcorn-Kino mit vielen und übertriebenen Knalleffekten, neben denen die Schauspieler, da können die sich noch so mühen, ziemlich verloren gehen. Und als Zuschauer hat man ständig Déjà-vu-Momente: Kennt man ja alles schon aus früheren Emmerichs.
„Moonfall“ 132 Minuten, ab 12 Jahren, läuft im Cinemaxx Dammtor/Harburg, Hansa, Savoy, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek