Hamburg. Kent Nagano und die Philharmoniker spielen Werke von Schostakowitsch und Beethoven – ein Dienst nach Vorschrift.

Corona sorgte als derzeit viel zu gut beschäftigter Programm-Planer dafür, dass auch das aktuelle Abo-Konzert der Philharmoniker von Grund auf zu ändern war. Raus, leider, mit Schostakowitsch männerchorverstärkter 13. Sinfonie „Babi Jar“; raus, leider leider, mit Beethovens Chorfantasie, die so schön überladen ist. Rein aber mit der kleineren, dunkleren, streicherkammermusikalischen 14. Sinfonie. Und dazu Beethovens 5. Klavierkonzert.

Je weiter man sich dem Ende des Werkkatalogs von Schostakowitsch nähert, desto spröder, hermetischer, galliger und finsterer wird dort vieles. Mit der 14. hat sich Kent Nagano für ein zu wenig beachtetes Spät-Stück zwischen den Stühlen entschieden, dessen elf vertonte Gedicht-Episoden mal mehr, mal weniger aufbäumend um die Themen Tod, Verzweiflung und Widerstand gegen beides kreisen. Das hört man, und wie man das hört. Sie beginnt mit einer brüchigen hauchleisen Streicherlinie, anschließend muss der Dirigent in der kleinen Besetzung unentwegt ungewohnte Klangkonstellationen derart dezent inszenieren, dass sie der Textbedeutung szenische Dramatik verleihen können.

Elbphilharmonie: Beide Solo-Stimmen wurden Aufgaben gerecht

Mit der Sopranistin Katharina Konradi, eindringlich in jeder Lage, und dem satt dröhnenden Bass Alexander Vinogradov hatte Nagano zwei Solo-Stimmen, die den konzertant darstellerischen Aufgaben bestechend gerecht wurden. Wenn ihre Texte von Leid, sterbenden oder gestorbenen Soldaten, Selbstmördern, Gefangenen und Geknechteten berichteten, untermalte das Orchesterchen mit packender Deutlichkeit. Hin und wieder hörte man fast jedes Bogenhaar der Kontrabässe. Musik, in der die Sonne nicht aufgeht, für die es nach dem letzten bitteren Ende deutlichen Beifall gab.

Beethovens 5. Klavierkonzert – mit seiner heroisch lebensbejahenden Es-Dur-Strahlkraft ein riesiger Kontrast zu Schostakowitschs nachtschwarzem Opus 135 – spielt sich nun wirklich nicht von selbst. Naganos Solist Till Fellner wirkte allerdings so, als ob er seelenberuhigt darauf vertrauen wollte. Manuell gab es keine größeren Hindernisse, alles saß, war dramaturgisch klar gebaut, furchtlos zupackend in den Kopfsatz stürmend, solide gestaltet.

Konzertkritik: Beethoven-Dienst nach Vorschrift

Dennoch stellte sich der Eindruck ein, dass so ein Konzert auch in zu sicheren guten Händen sein kann. Nagano und die Philharmoniker machten Beethoven-Dienst nach Vorschrift, Fellner bestätigte sich als tadelloser Notentext-Verwaltungsbeamter. Löbliche Ausnahme war einzig das Adagio, in dem Fellner spontan ins versonnene Romantisieren kam. Beim Finale trug ihn das Tutti zum Triumph.

Das Konzert wird am Montag, 7.2., 20 Uhr, im Großen Saal der Elbphilharmonie wiederholt.