Hamburg. Kabarettist Lutz von Rosenberg Lipinsky hatte mit seinem Programm „Hamburger werden 2 – Jetzt auch mit Speckgürtel“ Premiere.

Eines muss man den Machern des Theaterschiffs lassen: Nach der im Vorjahr abgeschlossenen aufwendigen Sanierung der seit 1975 im Nikolaifleet verankerten Bühne ist „Das Schiff“ trotz Pandemie auch inhaltlich auf neuem Kurs. Nach Michael Frowins „Mammon“ im November und dem musikalischen Duett „So geht’s“ von Axel Pätz mit Saskia Dreyer Ende Dezember feierte Kabarettist Lutz von Rosenberg Lipinsky bereits die dritte Hauspremiere in der Winterwelle – ohne dass Hygiene- und Sicherheitsauflagen samt Masken über Bord geworfen worden wären.

„Man kann eine Kulturveranstaltung besuchen – und überleben“, dankte der erfahrene Berufszyniker dem Publikum gleich zu Beginn des mehr als zweistündigen Abends. Und überhaupt, 1,5 Meter Abstand seien für einen Norddeutschen doch Nähe – bei sonst vier Metern Abstand. „Hamburger werden 2 – Jetzt auch mit Speckgürtel“, lautet der Titel von Rosenbergs neuem Programm, eine Fortsetzung des weiterhin gespielten ersten Teil des Comedy-Crashkurses. Trotz des laut Rosenberg für Hamburger Verhältnisse unüblichen Anfangsbeifalls brauchte er etwas Anlauf, um nach Frotzeleien mit Exil-Rheinländerinnen, Besuchern aus Barmbek-Nord und Tonndorf in Fahrt zu kommen.

Theaterschiff Hamburg: Kabarettist amüsiert sich über von Beust und Tschentscher

Genüsslich wählte von Rosenberg das Bild einer Pizza, um die 104 Stadtteile in drei Zonen einzuteilen, am Rand etwa „wenig Belag, viel Kruste“, im Zentrum dann nur für Singles bezahlbar. Heutzutage in Hamburg eine Wohnung zu ergattern, sei finanziell praktisch unmöglich, ätzte der seit drei Jahrzehnten hier lebende gebürtige Ostwestfale. „Das Einzige, was du in Hamburg kriegst, sind Büroräume.“ Wenn man ein „horizontales Gewerbe“ anmelde, gebe es ein Dach.

Viele, die nach Hamburg ziehen wollten, blieben außen vor. Pinneberg, Kaltenkirchen oder Halstenbek – für von Rosenberg angesichts der dortigen Großunternehmen „nur bewohnte Möbelhäuser“. Oder aber die Menschen stranden in Stade. Seine Fahrten auf der B73 über Neu Wulmstorf gen Cuxhaven und zurück schmückte er lustvoll zu Horrorgeschichten aus, um im zweiten Teil noch mal aufs Thema Mobilität zurückzukommen – etwas zu viel des Guten, obwohl seine Überzeichnungen von regelrecht aus Metronom-Zügen platzenden Menschen bildhaft komisch gerieten.

Peter Tschentschers Spitzname ist „Sperrstunde“

Amüsant auch von Rosenbergs Einlassungen zum Wahrzeichen Elbphilharmonie, deren Kurzform „Elphi“ ihn eher an „den Spitznamen einer stadtbekannten Kölner Straßennutte“ erinnere. Dass das Haus nach den vielen Pannen und Mehrkosten gebaut wurde „und Ole von Beust nicht im Knast sitzt“, erstaunt von Rosenberg. Der Kabarettist verbucht es unter hanseatischer Unaufgeregtheit. Ebenso, dass einer wie Scholz Kanzler werden konnte.

Satirisch mehr abgewinnen konnte von Rosenberg Scholz’ Bürgermeister-Nachfolger Peter Tschentscher, Spitzname „Sperrstunde“. Für ihn aufgrund dessen Corona-Politik „das fleischgewordene Tanzverbot“ …

„Hamburger werden 2 …“ wieder 6. u. 12.2., „Das Schiff“ (Bus 3, 16), Holzbrücke 2, Karten: zu 21,- bis 25,-: T. 69 65 05 60; www.theaterschiff.de