Hamburg. Der Tenor bringt die ganze Vielfalt Lateinamerikas in den Großen Saal. Harfenist Xavier de Maistre zeigt die Pracht seiner Virtuosität.
Die Musik seines mexikanischen Heimatlandes war bei Rolando Villazóns Liederabend mit dem Harfenisten Xavier de Maistre am Mittwoch in der Elbphilharmonie nur ein kleiner Teil einer geschickt programmierten Serenata latina. Auch mit argentinischen, kubanischen, peruanischen und kolumbianischen Liedern aus dem 20. Jahrhundert wollte der Sänger die ganze Vielfalt des südamerikanischen Kontinents inklusive Mittelamerikas vorstellen.
Und er tat dies mit einem Charme und einer guten Laune, wie sie Lateinamerikanern nun einmal auf besondere Weise eigen sind. „Was für eine Freude, hier zu sein“, sagte er gleich und strahlte übers ganze Antlitz. „Für uns, die wir heute hier spielen und singen dürfen, ist das ein echtes Geschenk. Halleluja!“
Rolando Villazón in der Elbphilharmonie: Witzeleien und Melancholie
Kleine Witzeleien schob er immer wieder zwischen die einzelnen Stücke. Etwa wenn der Starharfenistin seine Harfe nachstimmen musste und er mit kurzen Tönen so tat, als müsste er das mit seiner Stimme auch gleich tun. Wie zwei Freunde traten die beiden Solisten auf und applaudierten sich gegenseitig. Und die gute Stimmung wurde auch dadurch nicht getrübt, dass ein Großteil der Lieder eine gewisse Melancholie, wenn nicht gar Tristesse ausstrahlten. Es geht darin ja meistens um Liebe, um Schicksale im Leben und auch um den Tod.
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So etwa in den Liedern „Zamba“ oder „Triste“ des 1983 gestorbenen, auch in ziemlich moderner Harmonik komponierenden Argentiniers Alberto Ginastera aus dessen Zyklus Cinco canciones argentinas op. 10. Villazón wählte hierfür eine leidenschaftliche, ja sogar dramatische Deklamation, wobei seine in der Tiefe heute dunkler gefärbte Stimme ganz anders klang als zu Beginn seiner Karriere.
Schon beim Wiegenlied „Arrorro“ drehte sich Villazón einmal um die Achse, um auch die hinter ihm sitzenden Hörerinnen und Hörer zu erreichen. Dennoch hatte Villazón mit den akustischen Eigenschaften der Elbphilharmonie überhaupt keine Probleme und seine Stimme trug, egal wohin er sich wandte.
Elbphilharmonie: Rolando Villazón von Xavier de Maistre begleitet
Xavier de Maistre gelang es, die oft so typische Gitarrenbegleitung lateinamerikanischer Lieder auf die Harfe zu übertragen. Egal ob er mit repetierten Harfenakkorden die Entschlossenheit einer Textbotschaft unterstrich oder mit zeitweise langen Zwischenspielen wie im Lied „Gitana“ von Ariel Ramirez für Kontemplation sorgte, setzte er wichtige Impulse, die der Sänger übernahm.
Mit einem peruanischen Tanz in hoher Lage seines Instruments oder dem Zequinha de Abreus populärem „Tico-Tico aus Fubá“ unterbrach er die zuweilen traurigen Liedinhalte und zeigte die ganze Pracht seiner Virtuosität. Geschickt kaschierte Villazón manchmal kleine stimmliche Schwächen, die bei dem umfangreichen Programm durchaus verzeihlich waren, und er scherzte über die Inhalte mexikanischer Lieder wie Rubén Fuentes Gassóns „La Bikina“. Einem Lied, „diesmal mit ein bisschen mehr tchaka tchaka“, wie er sagte, womit im Spanischen und Portugiesischen etwas mehr als der bloße Austausch eines Kusses zwischen Liebenden gemeint ist.