Hamburg. Großartiges Konzert von einem Ensemble der Spitzenklasse: In der Zugabe schien sich der Kleine Saal zu verwandeln.

Ganz am Ende, in der Zugabe, schien sich der Raum zu verwandeln. Bei einer der „Zypressen“ von Dvorak klang der Kleine Saal der Elbphilharmonie selbst plötzlich wie ein sehr altes, sehr edles Instrument. Da verströmte das Gringolts Quartet eine wunderbare Wärme, reflektiert und verstärkt von den Eichenholzwänden.

Diese Extraportion Wärme blieb so ziemlich das einzige, wovon man sich vorher hier und da eine Prise mehr gewünscht hätte. Doch auch so war es ein großartiges Konzert von einem Ensemble der Spitzenklasse.

Elbphilharmonie: Gringolts Quartet startet mit musikalischem Faustschlag

Das Gringolts Quartet begann sein spannendes Programm mit Beethovens Quartett op. 95 in der düsteren Tonart f-Moll. Ein kurzes, heftiges Stück, das sein Publikum mit schroffen Gesten schockiert. Das Eröffnungsmotiv platzt als rabiates Unisono in die Stille.

Ein musikalischer Faustschlag, mitten ins Gesicht. Wie kompromisslos die Streicher dieses Motiv exerzierten und wie rasiermesserscharf sie auch die anschließenden Haltetöne spielten: das vermittelte einen ersten Eindruck von der hochauflösenden Präzision und Klarheit, mit der sie die Partituren durchleuchten und deren Charaktere enthüllen.

Gringolts Quartet: Zugabe wärmte den ganzen Saal

Im ersten Streichquartett von Sándor Veress treffen Momente von schlichter Wehmut auf packende, von der ungarischen Volksmusik inspirierte Rhythmen, die an Béla Bartók erinnern. Das viel zu selten aufgeführte fünfte Quartett von Antonin Dvorak kontrastiert tänzerischen Schwung mit bittersüßen Melodien. Und die streichelten die vier Streicher ganz zart in die Saiten.

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Aber da wäre noch mehr Schmelz möglich gewesen, da wehte nicht zum ersten Mal ein Hauch von Kühle von der Bühne. Vielleicht wirkte das auch so, weil die Mitglieder des Gringolts Quartet, die im Stehen auftreten, kaum einmal sichtbaren Kontakt aufnehmen und sich teilweise sogar voneinander wegdrehen, als wären sie gerade lieber für sich. Merkwürdig, weil sie doch sehr zugewandt und fein aufeinander abgestimmt spielen und sich musikalisch bestens zu verstehen scheinen.

Aber dann kam die Zugabe, grundiert vom wohligen Klang des Cellos – und wärmte den ganzen Saal mit reinem Streicher-Glück.