Hamburg. Der 83 Jahre alte Saxofonist musste auf seinen Schlagzeuger Kendrick Scott verzichten – das hatte Konsequenzen.

Saxofon, Flöte, Flügel und Bass stehen bereit. Nur das Schlagzeug fehlt auf der Bühne der Elbphilharmonie. Die Erklärung gibt Intendant Christoph Lieben-Seutter noch bevor Charles Lloyd den Großen Saal betritt. Schlagzeuger Kendrick Scott war vor dem Abflug aus New York Corona-positiv getestet worden und konnte die Konzertreise nicht antreten. Da Lloyd das Hamburger Konzerthaus so ungemein liebe, habe er den Auftritt zum Beginn der Elbphilharmonie-Jubiläumswoche nicht absagen wollen und sich entschieden im Trio zu musizieren.

Beim ersten Stück, einer Komposition von Mikis Theodorakis, vermisst man Scott noch nicht. Die Ballade interpretieren der Bandleader am Tenorsaxofon, Pianist Gerald Clayton und Bassist Reuben Rogers wie ein spirituelles Werk. Doch mit zunehmender Dauer des Abends wird spürbar, dass ein Antreiber fehlt. Einer, der dynamische Akzente setzen kann.

Charles Lloyd in der Elbphilharmonie: Pianist Gerard Clayton erhält viel Raum

Charles Lloyd, inzwischen 83 Jahre alt, hat für diesen Abend aus seinem riesigen Repertoire vor allem ruhige Nummern ausgewählt, die auch ohne Drummer funktionieren. Doch mangelt es in dieser ungewohnten Konstellation an gruppendynamischen Prozessen.

Der Saxofonist gibt vor allem dem jungen Pianisten Gerard Clayton sehr viel Raum, der zeigt, über welch großartige Fähigkeiten er am Klavier verfügt und wieviel verschiedene Spielarten er beherrscht. Er trägt den fast zweistündigen Abend im Wesentlichen, denn Lloyd muss seinem Alter Tribut zollen. Zwar ist er immer noch ein herausragender Improvisator und Techniker – am Tenorsaxofon und an der Querflöte gleichermaßen – , doch oft nimmt er auf einem Klavierschemel neben Claytons Flügel Platz und hört mit großem Wohlwollen seinen beiden Mitstreitern zu.

Charles Lloyd: Magische Momente an diesem Abend Mangelware

Gern hätte man das Trio öfter bei gemeinsamen Höhenflügen erlebt, doch der Abend wird zu einer Demonstration solistischen Könnens, in dem auch Reuben Rogers zeigen kann, was er als Bassist drauf hat.

Das Publikum ist von der Virtuosität der drei Musiker hingerissen, applaudiert begeistert und scheint Kendrick Scott nicht zu vermissen. Mit ihm fehlt jedoch mehr als nur ein Viertel des Quartetts. Wirklich magische Momente sind an diesem Abend leider Mangelware.