Hamburg. Marius Adam inszeniert die berühmte Operette von Franz Lehár am Allee Theater. Er arbeitet mit Überzeichnung, Klischees und Humor.

Chinesischer Prinz liebt Wiener Gräfin. Allen Warnungen zum Trotz – Zorn des Vaters, Eifersucht eines Verehrers – folgt sie ihrem Angebeteten ins ferne China. Dort, so macht es uns die berühmte Operette von Franz Lehár weiß, wo Gefühle weggelächelt werden. Egal wie turbulent sie sind.

Es kommt, wie’s kommen muss im „Land des Lächelns“. Prinz Sou-Chong muss als Ministerpräsident noch vier Mandschu-Mädchen heiraten, was Lisa zur Maitresse degradiert. Das macht sie unglücklich, doch der Ex-Verehrer aus dem fernen Europa holt sie nach Hause. Und der Chinesen-Prinz lächelt. Trotz der 1000 Schmerzen. Der Clash der Kulturen verhindert das Happy End für die Liebenden. Ungewöhnlich für eine Operette von 1929. Aber auch kulturchauvinistisch: aufgeklärte Europäer, rückständige Chinesen.

„Land des Lächelns“ im Allee Theater: Überzeichnung, Klischees und Humor

Die aktuelle Neuproduktion an der Hamburger Kammeroper im Allee Theater geht mit diesem Konflikt eher zurückhaltend um. Das Regie-Konzept stammt noch von dem kürzlich verstorbenen Andreas Franz, Intendant Marius Adam hat dann übernommen. Er arbeitet mit Überzeichnung, Klischees und Humor.

Der auf chinesische Traditionen pochende Onkel von Sou-Chong kommt wie ein wilder Schamane mit wehenden langen weißen Haaren daher und kämpft schon mal mit Bambusstangen. Ein schlitzohriger Eunuch trippelt durch die Szene. Einzig die Prinzen-Schwester Mi müpft ein bisschen als Tennis spielendes Girly auf, wird dann aber in ihre chinesischen Schranken verwiesen. Monika Diensthuber hat eine schlichte Bühne entworfen – mit kleinem Bambushain, tuschegezeichneten Blümchen, Bergen und Wolken oder edlen europäischen Etablissements. Hannah Petersens Kostüme sind dezent pastellfarben oder für den Herrscher etwas glänzender gehalten. Das schafft Atmosphäre für Lehárs Musik.

Ein Operetten-Hit reiht sich an den nächsten

Da reiht sich ein Operetten-Hit an den anderen. Vorneweg „Dein ist mein ganzes Herz“ und „Immer nur Lächeln“ für Prinz Sou-Chong. Tenor Paul Sutton wirkt anfangs stimmlich ein wenig scheu, aber er kommt im Verlauf gut in Fahrt. Er mimt überzeugend einen melancholischen, aber noblen Herrscher. Lisa, die Wiener Gräfin, singt Svenja Schicktanz mit kräftig-leuchtendem Sopran. Die neckischen Koloraturen der Prinzessin Mi sind ideal für die geläufige Kehle von Natascha Dwulecki. Titus Witt, zurecht ein Starsänger am Alleetheater, schlüpft mit seinem kernigen Bariton und schauspielerischen Charme gleich in mehrere Rollen. Ob strenger Gräfinnen-Vater, böser Prinzen-Onkel oder korrupter Eunuch, man hat seinen Spaß.

Dirigent Ettore Prandi hat Lehárs Partitur geschickt für Streicher und Klavier bearbeitet. Er brilliert selbst an den Tasten, munter und sensibel. Das hat Operetten-Swing. Manchmal gibt es düstere Tremoli oder Dissonanzen in den Streichern. Sie weisen mit nachdenklich-kritischen Tönen auf die 1000 Schmerzen hinter dem ewigen Lächeln hin. Und das ist gut so.

Noch bis 27.2., www.kammeroper.alleetheater.de