Hamburg. Im Hamburger Carlsen Verlag stellte Reinhard Kleist sein „Starman – David Bowie’s Ziggy Stardust Years“ vor. Über die Graphic Novel.
Welche verschiedenen Rollen spielen wir in unserem Leben? Verwandeln wir uns mitunter so stark, dass wir jemand gänzlich anderes sein können? David Bowie, der im kommenden Januar 75 Jahre alt geworden wäre, hat das Spiel mit Identitäten geliebt, perfektioniert, mitunter über seine Grenzen hinaus betrieben.
Im Hamburger Carlsen Verlag ist jetzt eine Graphic Novel erschienen, die sich einer der wichtigsten Figuren widmet, die der britische Popkünstler erfunden hat: „Starman – David Bowie’s Ziggy Stardust Years“. Ein nicht weniger als fantastisches Buch. Der Berliner Comiczeichner Reinhard Kleist stellte sein Werk kürzlich in der verlagseigenen Veranstaltungshalle, dem „Carlsen Fischmarkt“ in Ottensen, vor.
Buchkritik: Präsentation als multimediale Lesung
Bowie, der am 10. Januar 2016 starb, fasziniert und inspiriert über seinen Tod hinaus. Auch in Hamburg. Das zeigte etwa die „Lazarus“-Inszenierung am Schauspielhaus, in der Alexander Scheer die außerirdische Variante Bowies verkörperte. Davon kündeten aber auch die fulminanten Bowie-Partys im Nachtasyl des Thalia Theaters, wo der Musiker mit seinen diversen Persönlichkeiten in den tanzenden Fans fortzuleben schien. Im Carlsen Verlag ging es nun nicht minder vielschichtig zu. Die Buchpräsentation fand als multimediale Lesung statt – in Wort, Bild und Sound.
Im Gespräch mit Moderator Matthias Wieland berichtete Reinhard Kleist von seinem Bowie-Erweckungserlebnis: Als Kind hörte er den Song „Ashes To Ashes“, der ihm anfangs sehr unheimlich vorkam. Aber in Bowies verschiedenfarbige Augen habe er sich sofort verknallt. Auch in seinem „Starman“-Comic erzählt Kleist davon, wie Popmusik junge Menschen immer wieder entflammt und in andere Welten entführt.
Knallige Farben zeigen Bowie bei Durchbruch-Tour
Bei Bowie selbst war es vor allem die Musiksammlung seines Halbbruders Terry von Little Richard bis John Coltrane. In Sepiatönen sind diese Rückblicke gehalten. Knallige Farben wiederum prägen die Panels, die Bowie auf seiner großen Durchbruch-Tour 1972 und 1973 zeigen. Und auch die Songs des Albums „The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“ hat Kleist eindringlich illustriert.
Die Kolorierung übernahm größtenteils ein Kollege, der Comiczeichner Thomas Gilke, der ebenfalls bei Carlsen zu Gast war. In amüsanter Zwiesprache erläuterten die beiden, wie Gilke die Farben immer weiter anzog, während Kleist sich erst an sattes Pink und strahlendes Gelb gewöhnen musste. Über Johnny Cash und Nick Cave hatte er bereits Graphic Novels veröffentlicht. Aber deren dunkel getönte Musik hatte eben schattigere Farben verlangt.
Comicseiten wurden auf Leinwand gezeigt
Charmanten Hör- und Sehspielcharakter erhielt der Abend, als der Comic zum Leben erweckt wurde: Seite um Seite erschienen auf einer großen Leinwand. Und Matthias Wieland sprach mit verschiedenen Stimmen die Worte aus den Sprechblasen, während Geräusche von Straßen und Clubs ertönten.
Bowie in New York im wilden Tanz mit Iggy Pop. Bowie, wie er auf Konzerten als Messias verehrt wird. Bowie, wie ihn der Erfolg von Ziggy Stardust verzehrt. Bowie lebt als Kunstfigur auch in Kleists Comic weiter. Eindrucksvoll. Kein einfaches Unterfangen, wie der Autor erzählte: „Bowie ist superschwer zu zeichnen, da er ständig anders aussieht und zudem sehr feine Gesichtszüge hat. Wenn da eine Linie verrutscht, ist der sofort weg.“
Berliner Band interpretiert Bowie-Songs
Besonders prägend für Bowies Zeit als Ziggy Stardust waren die Kostüme der Designer Freddi Buretti und Kansai Yamamoto, die in der Graphic Novel für besondere Effekte sorgen. Und die an dem Abend auch in realen Fotos auf der Leinwand zu sehen waren.
- „Flammender Frieden“: Aus den Augen eines Soldaten
- "Ein neuer Horizont" – Romanze mitten im Koreakrieg
- Leïla Slimani: „Ich wäre eine verbitterte Alkoholikerin“
Eine Veranstaltung für alle Sinne also, die im Frühjahr noch um eine Ebene erweitert wird: Rund um das „Starman“-Buch hat sich in Berlin eine Band formiert, die Bowie-Songs interpretiert, während Kleist live dazu zeichnet. Am 4. März lädt der Carlsen Verlag zu diesem Happening ein. Bowies Geschichte geht weiter.
Reinhard Kleist: „Starman – David Bowie’s Ziggy Stardust Years“, Carlsen Verlag, 176 Seiten, 25 Euro (Luxusausgabe: 59 Euro)